Meinung CSU und die Zuwanderung: Seehofer ist der Getriebene
Auffällig beim neuen CSU-Papier zur Zuwanderung sind nicht die Forderungen an sich. Darunter findet sich einiges, was die Bayern immer schon verlangt haben, womit sie aber bisher bei Kanzlerin Angela Merkel oder dem Koalitionspartner SPD auf Granit gestoßen sind.
Stichwort Obergrenzen, Stichwort Transitzonen. Auch liest man viele Selbstverständlichkeiten in dem fünfseitigen Papier. Dass Asyl kein Freibrief ist, um kriminell zu werden, oder die hiesige Rechtsordnung und nicht die Scharia gilt, wird sicherlich jeder unterschreiben wollen. Die allermeisten Muslime übrigens auch. Auffällig ist etwas anderes: Es ist mal wieder die Sprache, die die CSU verwendet.
Deftig, hart und populistisch. So kommt das Papier daher. Zwar kann man sagen, das ist nichts Ungewöhnliches. So ist die Partei gepolt, sie buhlt seit jeher mit Erfolg um die Hoheit an den bayerischen Stammtischen. Deswegen nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Doch vieles ist eben bester AfD-Sprech, womit klar ist, auf wen das Papier abzielt — auf die Rechtspopulisten und ihre wachsende Zahl an Unterstützern. Auch und gerade in Bayern.
Und natürlich auf die ungeliebte Kanzlerin, die mit der Schwesterpartei in der Flüchtlingsfrage nach wie vor über Kreuz liegt. Die CSU lässt da nicht locker. Auch, weil sie wie der bayerische Löwe die alte Maxime verteidigen will, dass rechts von der Union keine schlagkräftige politische Kraft entstehen darf — was aus Sicht der CSU von Merkel aufgegeben, wenn nicht sogar verraten worden ist. Die AfD ist dafür der Beleg. Seit der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern erst recht. Peinlich ist nur, dass die Bayern schon seit Monaten ohne Rücksicht auf Merkel erheblichen Druck in der Flüchtlingspolitik machen, ohne dass sie aber in ihren Kernforderungen die gewünschten Fortschritte bei der Kanzlerin erzielt hätten.
Womit sich zwangsläufig die Frage stellt, wer inzwischen eigentlich der Getriebene ist: Merkel oder doch CSU-Chef Seehofer?
Eindeutig Letzterer. Wer so vehement und lautstark wie Horst Seehofer ein ums andere Mal vergeblich poltert, und wer sich dann noch so beharrlich weigert, gemeinsame Koalitionserfolge wie die Verschärfung der Asylgesetze als solche zu benennen und zu verkaufen, der hat ein Problem. Und zwar ein großes. Der schadet der Union als Ganzes. Und am Ende auch sich selbst.