Koalitionsbeschlüsse: Wahlgeschenke mit Nebenwirkungen
Gipfel-Ergebnisse sind für die Koalition kein Befreiungsschlag.
Für die einen ist es ein gelungener Akt hoher interner Diplomatie der Regierungskoalition. Andere nennen es schlicht Kuhhandel. Doch klar ist, dass Union und FDP gar keine andere Wahl blieb, als jetzt Ergebnisse zu präsentieren, die alle Beteiligten das Gesicht wahren lassen. Zu drohend nah ist der nächste Wahltermin, als dass man sich weiter in internen Scharmützeln aufreiben könnte. Die Wähler wollen etwas versprochen bekommen.
Die Ergebnisse der langen Nachtsitzung haben allerdings Schönheitsfehler. Zum einen gab es gar nicht den großen Durchbruch beim Gipfel, denn unter der Hand hatte man sich wohl beim Betreuungsgeld und bei der Abschaffung der Praxisgebühr im Vorfeld längst geeinigt. Aus dramaturgischen Gründen blieben diese Themen aber auf der Agenda. Zudem stimmt es Freunde einer reinen Demokratie stets nachdenklich, wenn Entscheidungen, für die eigentlich der Bundestag zuständig ist, im kleinen Zirkel getroffen und im Parlament nur noch formell abgesegnet werden.
Die größte Schwäche des Kompromisses ist jedoch sein offensichtlicher Widerspruch. Denn alle Maßnahmen kosten viel Geld. Darüber tröstet nicht hinweg, dass die Rentenlösung eine vermeintliche Gerechtigkeitslücke schließt, oder die Abschaffung der Praxisgebühr bürokratischen und patientenfeindlichen Irrsinn beseitigt: Die Finanzierungsfrage ist nicht nur nicht ausreichend beantwortet, sondern steht im Kontrast zum Ziel, ab 2014 mit einem Haushalt ohne neue Schulden auszukommen. Das wird kaum klappen.
Den Bürgern muss klar sein, dass die vermeintlichen Wohltaten der Koalition für die Solidargemeinschaft und vor allem für die jüngere Generation eine Mehrbelastung bedeuten werden. Allerdings sollten sie bedenken, dass die derzeitige Opposition, wenn sie denn in der Regierung säße, womöglich noch höhere Lasten auftürmen würde. Allein die Kosten eines Verzichts auf die Rente mit 67 wären angesichts der ständig steigenden Lebenserwartung enorm.
Die jetzige Regierung indes kann sich nach dieser Nacht stabilisieren und ihre Chancen auf eine Wiederwahl verbessern. Ob sie allerdings den unerschütterlichen Willen hat, politische Gemeinsamkeiten zu finden und umzusetzen, ist zu bezweifeln.