Meinung Nicht meckern, angreifen!
Ein „Anschlag auf die Demokratie“ — wenn Martin Schulz zu einer solchen Formulierung greift, so hat das das Zeug, einen vor den Fernsehnachrichten dahindösenden Zuschauer aufzuschrecken. Oh, da muss Besonderes passiert sein!
Folgt dann die Erläuterung, dass der SPD-Kanzlerkandidat mit diesen Worten bloß kritisiert, dass sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor inhaltlichen Aussagen drücke, ist das zwar kein Skandal, wie es die Union nun suggerieren will. Aber ärgerlich ist solch maßlose Übertreibung allemal.
Schulz verhält sich wie ein Fußballtrainer oder Spielmacher, der bejammert, dass sich die gegnerische Mannschaft hinten ’reinstellt und defensiv spielt. Doch das ist kein Regelbruch, Herr Schulz. Vielmehr sind Ideen für die angreifende Mannschaft gefragt. Wenn es da an Kreativität fehlt, ist das nicht der Spielweise des Gegners anzulasten.
Zumal diese Spielweise alles andere als neu ist. Man denke nur an den Satz der Kanzlerin aus dem letzten Bundestagswahlkampf. Gefragt nach den Gründen, warum man sie denn wählen sollte, sagte Merkel: „Sie kennen mich“. Diese Taktik gilt heute wie damals. Und sie ist weder verwerflich noch undemokratisch. Im Übrigen hat die Union noch Monate Zeit, sich zu positionieren.
Wenn sie das ein paar Wochen nach dem Herausforderer macht, so sollte dieser der Letzte sein, der sich darüber echauffiert. Schließlich hat es Monate gedauert, bis er selbst mehr lieferte als bloß mit eher diffusen Versprechungen auf dem Schulz-Zug durch die Lande zu ziehen. Jetzt, da sich diese nun (endlich) in Steuer- und Rentenkonzepten konkretisieren, hat er zwar vorgelegt. Aber für einen Herausforderer ist auch das kaum mehr als eine Selbstverständlichkeit.
Genauso selbstverständlich ist, dass die Gegenseite gar nicht anders kann, als sehr bald inhaltlich darauf zu antworten. Dazu braucht es keine Beschimpfung ihrer Spieltaktik. Wichtiger wäre für den Angreifer das Spiel über die Flügel, Steilpässe, überraschende, den Zuschauer (Wähler) mitreißende Ideen, um das Abwehrbollwerk zu knacken, Spielmacher Schulz!