Pferdefleisch-Skandal: Ein Fall für die Kontrollitis der EU
Länderbehörden sind mit der Lebensmittelkontrolle überfordert
Nur ein weiterer Lebensmittelskandal? Pferdefleisch ist doch nicht gesundheitsschädlich? Alles gar nicht so schlimm? Doch, es ist schlimm. Es ist eine Unverschämtheit gegenüber den Verbrauchern. Wenn ein Land 50 000 Tonnen Rindfleisch zurückrufen muss, weil die Gewissheit besteht, dass der Herstellerbetrieb Pferd und Rind gemischt hat, dann ist das nicht nur ein weiterer Lebensmittelskandal. Bei 50 000 Tonnen Schummelfleisch ist das Betrug in einem kaum vorstellbaren Ausmaß.
Und was kommt jetzt? Der Ruf nach noch mehr Kontrollen. Und der ist absolut berechtigt. Nationale Behörden werden der international agierenden Lebensmittelmafia nicht Herr. Die Qualität der Nahrung ist aber so bedeutend, dass jemand darüber wachen muss, an dem es kein Vorbei geben kann.
Die verpfuschten, verpanschten und mitunter sogar vergifteten Produkte in den Regalen der Supermärkte hätten die Europäische Union längst auf den Plan rufen müssen. Sie ist doch sonst nicht zimperlich, wenn es darum geht, die Dinge des täglichen Lebens zu regeln. Dass die EU den Krümmungswinkel der Banane festgelegt habe, ist zwar eine Legende. Doch deren wahrer Kern ist, dass die Behörden in Brüssel vor Kontrollitis nicht gefeit sind. Im Falle der Nahrungsmittel sind weitere Vorschriften und Bestimmungen aber ausdrücklich erwünscht. Denn im Wettbewerb um Kunden wird offenbar mit immer härteren Bandagen gekämpft.
Das hat Gründe. An der Ladentheke stehen sich handfeste Interessen gegenüber. Die einen wollen möglichst viel einnehmen, die anderen wollen möglichst wenig ausgeben. Normalerweise beherrschen Händler und Kunden den Interessenausgleich. Aber je geringer die Bereitschaft ist, für gute Ware gutes Geld auszugeben, desto größer wird die Gefahr, dass manche Händler sich mit unlauteren Mitteln Profit verschaffen. Letztlich entscheidet also auch der Verbraucher über die Qualität der Lebensmittel, die er im Supermarkt kaufen kann.
Im Prinzip funktioniert das System auch zum Wohle aller Beteiligten. Für die anderen Fälle braucht es klare Regeln und wirksame Kontrollen. Wenn alle Stricke reißen, muss Panschern und Pfuschern dadurch das Handwerk gelegt werden, dass ihre Tat nebst Namen veröffentlicht wird.