Meinung Schicksalsjahr für die FDP: Liberales Pfeifen im Walde

Reden, das kann Christian Lindner. Sich selbst zelebrieren, das können die Liberalen. Das konnten sie schon immer. Beides hat man auch am Mittwoch in Stuttgart wieder gesehen. Allerdings: Auch Guido Westerwelle hat das alljährliche Dreikönigstreffen immer zu einem Triumphzug gemacht.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Trotzdem ist die FDP nicht mehr im Bundestag. Und nur wenige weinen ihr eine Träne nach. Das gestrige Ereignis bedeutet also erst einmal gar nichts. Allenfalls, das wird mancher Wähler sich im Hinterkopf notieren, dass die FDP immer noch glaubt, sie komme wieder, dass sie sogar überraschend geschlossen und an der Spitze verjüngt ist. Die Liberalen geben sich ungebrochen. Das ist schon die wichtigste Erkenntnis der jüngsten Kundgebung.

Aber die Frage, warum jemand FDP wählen sollte, ist heute noch schwieriger zu beantworten als zu Westerwelles Zeiten, als man noch sagen konnte: Sonst schaltet die CDU ja alleine, wie sie will. Jetzt könnte die CDU auch mit den Grünen, so wie sie mit der SPD kann. Und jetzt gibt es im bürgerlichen Spektrum Alternativen, die knallrechte AfD und die etwas verschrobene Professorenpartei ALFA, um sich von der CDU abzusetzen. Auch sie haben Chancen. Lindner hat einen wirtschaftsliberalen und bürgerrechtsorientierten Kurs gehalten, er hat antieuropäischen Reflexen in der Griechenlandkrise getrotzt und ebenso Anti-Ausländerreflexen in der Flüchtlingskrise. Sehr löblich. Er kann zu Recht sagen: Es gibt nur eine wirklich liberale bürgerliche Partei in Deutschland. Er kann ebenso zu Recht sagen, dass eine solche liberale Stimme bei all den staatsgläubigen Parteien im Parlament mindestens als Korrektiv notwendig ist.

Aber leider sind nicht mal alle bürgerlichen Wähler liberal. Und von denen, die es sind, werden etliche die Kanzlerin wählen, weil sie sich als Hort der Stabilität bewährt hat, was für das Bürgertum in Krisenzeiten das Wichtigste ist. Für die FDP sind das alles keine guten Ausgangsvoraussetzungen. Wenn es in den drei Ländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt am 13. März nicht reicht, wird man für 2017 doch mutlos werden. Da mag der Vorsitzende noch so eloquent auftreten und im Stuttgarter Opernhaus ein „Update“ Deutschlands fordern. Die drei Länder sind Hochburgen, urliberale Stammlande. Wenn es da nicht klappt, wo dann? Das Dreikönigstreffen wirkte selbstbewusst wie eh und je, aber es war auch Pfeifen im Walde. Auftakt für das liberale Schicksalsjahr 2016.