Sehnsucht nach der großen Koalition
Warum CDU-Mann Laumann die FDP attackiert.
Es ist noch ein Jahr bis zur Bundestagswahl, die Kanzlerin steht glänzend da und garantiert der Union bisher einen deutlichen Vorsprung vor der SPD. Die ist zwar durch die Nominierung ihres Kandidaten Peer Steinbrück ein Stückchen näher gerückt, doch es gibt keine Wechselstimmung. Im Gegenteil. Bei den persönlichen Werten liegt Angela Merkel immer vorne, auch Steinbrück kommt da nicht an sie heran.
Die Kanzlerin hat also kein Problem, ihre Koalition hingegen sehr wohl. Es heißt FDP. Denn schon seit geraumer Zeit hat Schwarz-Gelb in den Umfragen keine Mehrheit mehr — ebenso wenig übrigens wie Rot-Grün. Beide Seiten jedoch versichern offiziell, sie würden im kommenden Jahr einen Lagerwahlkampf führen und für eine Mehrheit in einer Zweier-Koalition kämpfen.
Dass es nun mit Karl-Josef Laumann ein ausgewiesener Sozialpolitiker der Union ist, der allen Treueschwüren zum Trotz den eigenen Wunschpartner attackiert, ist natürlich kein Zufall. Es gibt in Teilen der Union, und ihnen gehört Laumann an, eine tiefe Sehnsucht nach der Rückkehr zu einem Bündnis mit den Sozialdemokraten. Nicht umsonst erinnert er an die historischen Rentenkompromisse, die Union und SPD in den vergangenen Jahrzehnten geschlossen haben.
Für die Sozialpolitiker in der CDU ist die FDP der böse Bube. Das greift freilich zu kurz. Denn die FDP ist von Leuten gewählt worden, die eben ein deutliches Zeichen gegen den Wohlfahrtsstaat setzen wollten und den Laumann-Flügel der CDU ohnehin für die fünfte Kolonne der SPD halten.
Bis zu einem gewissen Grad könnten beide Seiten sogar von dem internen Konflikt profitieren: Derart breit aufgestellt, würden die Union und FDP Wähler von rechts bis hin zur linken Mitte ansprechen.
Die Frage ist, ob der Konflikt begrenzt werden kann. Der Problemdruck vor allem bei der Rente ist sehr groß. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, die SPD will es unter dem Gerechtigkeitsaspekt zum Wahlkampfschlager machen. Laumann kann hier für Merkel zu einer wichtigen Waffe im Wahlkampf werden. Dafür nimmt sie auch seine Attacken gegen die FDP in Kauf.