Meinung Todesstrafe — dabei darf der deutsche Staat nicht helfen

Noch ist es eine eher theoretische Debatte. Noch steht nicht fest, ob es bald ein weiteres türkisches Referendum geben wird, bei dem dann auch die in Deutschland lebenden Türken aufgefordert würden abzustimmen.

Foto: Sergej Lepke

Wobei sie dann nicht nur wie vor Kurzem auf ihr hierzulande geltendes demokratisches Wahlrecht pochen würden — um eben damit ihre Landsleute dazu zu verurteilen, in einem autoritären Staat zu leben. Wenn es so kommt wie befürchtet, dann geht es beim nächsten Mal gar darum, ob in der Türkei die Todesstrafe eingeführt werden soll. Gäbe es ein solches Referendum, dann dürften weder Deutschland noch andere Länder dabei behilflich sein, die Stimmabgabe auf ihrem Staatsgebiet zu unterstützen.

„Die Todesstrafe ist abgeschafft“, heißt es unmissverständlich in Artikel 102 des Grundgesetzes. Nun ginge es freilich nicht um die Wiedereinführung dieser Sanktion hierzulande. Doch es wäre bereits unerträglich, wenn türkische Politiker auf deutschem Boden für die Einführung dieses archaischen Rituals werben, das in einem aufgeklärten Staat keinen Platz mehr hat. Dass man das in China, den USA und einer Reihe weiterer Länder anders sieht, ändert nichts an dieser Bewertung, zu der sich die junge Bundesrepublik 1949 nach Gräueln und Willkür der Nazizeit zu Recht ohne Wenn und Aber bekannte.

Die Argumente der Todesstrafen-Befürworter stechen nicht. Abschreckung? Die vielen Morde in den USA trotz der dort vollstreckten Todesstrafe sind der beste Beweis dafür. Selbst wenn, was unrealistisch ist, jeder Justizirrtum ausgeschlossen wäre und die Exekution immer den „Richtigen“, den schuldigen Mörder träfe: Auch dann bliebe die Todesstrafe, die der Staat da im Namen seiner Bürger verhängt und vollstreckt, monströs. Denn wie anders soll man jemanden bezeichnen, der sein dem Tod geweihtes Opfer erst gefangen hält und dann kaltblütig tötet? Und das im Namen seiner Bürger.

Wenn die Türken das mehrheitlich bei einem Referendum anders sehen, so wird sie niemand daran hindern können. Aber bei einem solchen Akt durch die Unterstützung beim Aufstellen von Wahlurnen auch noch behilflich zu sein, sollte unmissverständlich ausgeschlossen werden. Ein Rechtsstaat muss seine Ideen verteidigen. Wenn er damit argumentativ nicht durchdringt, muss er jedenfalls alles dafür tun, sich nicht durch Beihilfe mitschuldig zu machen.