Meinung Versöhnung ist möglich

Mit dem symbolträchtigen ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdienst von Hildesheim hat der Prozess Gestalt angenommen, der schon im vergangenen September in dem gemeinsamen Wort „Erinnerung heilen — Jesus Christus bekennen“ der evangelischen und katholischen Kirche Ausdruck gefunden hatte.

Foto: Sergej Lepke

Der Gottesdienst in Hildesheim folgte weitestgehend dem damals bereits abgedruckten Liturgieentwurf. Aber sowohl die Bekenntnisse der jeweils eigenen Schuld im Zuge der Reformationsgeschichte als auch die wertschätzenden Danksagungen an die jeweils andere Konfession entfalten gehört noch einmal eine größere Sprengkraft als gelesen. Hildesheim markiert im Jubiläumsjahr der Reformation einen Meilenstein auf dem Weg der Annäherung beider Kirchen.

Aber wie das so ist mit symbolisch aufgeladenen Inszenierungen: Sie wecken Erwartungen, die umso heftiger enttäuscht werden können, wenn den Symbolen keine konkreten Fortschritte folgen. Wer als Schuld bekennt, dass noch immer kein gemeinsames eucharistisches Abendmahl möglich ist, und sich gleichzeitig verpflichtet, „weitere Schritte auf dem Weg zur sichtbaren Einheit der Kirchen zu gehen“, der hat damit einen dringend notwendigen Fortschritt benannt.

Einheit der Kirchen? Vielen Christen auf beiden Seiten geht die Vorstellung zu weit, es könnte eines Tages wieder ein gemeinsames organisatorisches Dach geben. Das aber ist weder nötig noch wünschenswert, wenn die Kirchen es denn schaffen, ihre Andersartigkeiten nicht abgrenzend, sondern in gegenseitiger Anerkennung bereichernd zu verstehen. Ein Zurück hinter Hildesheim ist dabei jetzt kaum mehr denkbar.

Termin und Liturgieentwurf für den Gottesdienst standen schon lange fest. Und doch entfaltete der Samstag angesichts der explosiven politischen Lage noch eine fast tagesaktuelle Symbolik: Versöhnung ist möglich. Man muss sie nur wollen.