Was ist uns das Nahverkehrssystem wert?
Der Verkehrsverbund erhöht wieder einmal seine Preise
So wie es jedes Jahr Weihnachten wird, beschert der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) alljährlich seinen Kunden eine Preiserhöhung. Begründungen gibt es genügend, und sie sind austauschbar: das teure Personal, leere Kommunalkassen, weniger Geld von Bund und Land, gestiegene Energiepreise.
Folglich wurden die Nutzer von Bus und Bahn in den vergangenen zehn Jahren kräftig gemolken. Beispiele: Wer von Kempen zum Theater nach Krefeld fahren will, zahlt für die Einzelfahrkarte Preisstufe B demnächst 5,30 Euro, 2004 waren es noch 3,50 Euro — eine Preissteigerung von 51 Prozent. Ein Berufspendler aus Haan muss für die Monatskarte nach Düsseldorf bald 106,90 Euro bezahlen, vor zehn Jahren gab es das Ticket 2000 in der Preisstufe B noch für 74,25 Euro (plus 44 Prozent).
Der Verbund nennt solche „Tarifmaßnahmen“ gerne „moderat“ und „marktgerecht“. Und mit „Tarifstrukturreformen“ soll 2015 weiter an der Preisschraube gedreht werden. Leistung und Gegenleistung müssten stimmen, heißt es. Stimmen aber nicht. Beispiel: Ein Neusser Nachtschwärmer, der mit der S-Bahn zum Düsseldorfer Medienhafen pendelt, zahlt für Hin- und Rückfahrt nächstes Jahr 10,60 Euro — für fünf Kilometer Luftlinie.
Ziel von Reformen sei es, so rutschte es einem VRR-Sprecher einmal heraus, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen. Das soll nicht nur durch „Preismaßnahmen“ geschehen, sondern auch durch Marketing-Tricks: Die günstige Fahrkarte wird unattraktiver gemacht in der Hoffnung, dass der Kunde auf das teure Ticket umsteigt. Wenn man sich da in der Gelsenkirchener Verbund-Zentrale nicht mal verkalkuliert. Die Zahl der verkauften Monatskarten geht jedenfalls schon seit Jahren zurück.
Natürlich kann es keine Freifahrtscheine für alle geben, wie es die Piraten fordern. Aber auch eine vollständige Kostendeckung kann nicht im Sinn des öffentlichen Personennahverkehrs sein. Er würde damit für weite Teile der Bevölkerung nicht mehr bezahlbar. Ein effektives Nahverkehrssystem kostet, aber es muss der Allgemeinheit auch etwas wert sein und subventioniert werden. Schließlich profitieren wir alle davon: weniger Klimagift und weniger Staus. Das dürfte doch auch die Autofahrer freuen.