Was öffentlich ist, „gehört“ auch allen
Die Panorama-Freiheit darf nicht beschnitten werden
Niemand darf in einem Museum, einem Geschäftsraum oder einer Privatwohnung ohne Zustimmung des Hausherrn Fotos machen und diese dann — kommerziell oder über Facebook — verbreiten. Diese vernünftige Grenze, auch wenn sie immer mal wieder überschritten wird, dürfte allgemeinem Rechtsempfinden entsprechen. Aber draußen, an der frischen Luft, muss anderes gelten.
Hier sollte es erlaubt sein, Gebäude sowie in der Öffentlichkeit installierte Kunstwerke zu fotografieren und diese Fotos zu verbreiten. Das deutsche Recht garantiert die Panorama-Freiheit, nach der solche Objekte abgelichtet oder — bei weitergehendem künstlerischem Ansatz — auch gemalt werden dürfen.
Nun droht die EU dieses Recht zu beschneiden. Selbst hierzulande gilt es schon jetzt nicht schrankenlos. So hat etwa der Bundesgerichtshof vor zwei Jahren in einem viel kritisierten Urteil entschieden, dass der Betreiber von Schloss Sanssouci eine gewerbliche Verwertung von Fotos des Schlosses und der Parkanlagen verbieten darf. Auch der Reichstag, der doch eigentlich uns allen gehört, stand schon mal für eine gewisse Zeit unter Urheberrechtschutz — als das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude ihn 1995 verhüllt hatte.
Das lässt sich angesichts des besonderen Kunstwerks, welches das Parlamentsgebäude für eine kurze Zeit darstellte, noch nachvollziehen. Doch wenn ein Gebäude oder Kunstwerk auf Dauer und für jedermann öffentlich sichtbar ist, kann es nicht angehen, dass diesem Jedermann verboten wird, diese Realität abzubilden. Der Architekt oder auch der Eigentümer eines Hauses wird in keiner Weise in seinem Recht beeinträchtigt, wenn ein anderer sein Haus ablichtet. Will er dies nicht, soll er halt eine hohe Hecke um sein Heim pflanzen.
Der Künstler, der eine Skulptur in der Innenstadt aufstellt, bringt damit geradezu zum Ausdruck, dass er sie der Allgemeinheit widmet. Soll er doch froh sein, dass andere seine Kunst durch Vervielfältigung in die Welt tragen. Das Abbilden der für jedermann sichtbaren Realität muss allen erlaubt sein. Dem Profi-Fotografen, der davon lebt, und dem einfachen mitteilungsbedürftigen Facebook-Nutzer.