Mönchengladbacher Schulen in Zeiten von Corona Durchbruch für Video-Unterricht?

Mönchengladbach. · Können Schüler nicht zur Schule, muss der Unterricht zu ihnen. Eine Chance für alle, die den Versuch nicht scheuen.

 Lehrer Mauricio Ruske der Hebo-Privatschule unterrichtet die 11. Klasse per Videochat.

Lehrer Mauricio Ruske der Hebo-Privatschule unterrichtet die 11. Klasse per Videochat.

Foto: Hebo-Privatschule

Am 10. März blieben die Schüler der Hebo-Privatschule den Klassenzimmern fern. Also bereits drei Tage, bevor das Land NRW die Schließung der Schulen verkündete. Warum? Weil Lehrer und Schüler an diesem Tag bereits den Ernstfall, also den Unterricht von zu Hause und über den Bildschirm, probten. Auch das Gymnasium am Geroweiher, die Gesamtschule Hardt und das Gymnasium Odenkirchen haben bereits erste Erfahrungen gesammelt. Dieser Grad der Digitalisierung des Unterrichts kommt diesen Schulen nun zugute.

Von 9 bis 14 Uhr, im 60-Minuten-Takt und um ein paar Fächer reduziert – mehr ändere sich für die Schüler der Hebo-Privatschule in den nächsten Wochen nicht, sagt Lehrer Wasja Steinborn. Außer natürlich, dass die Schüler zu Hause vor Laptop oder Tablet sitzen und den Erklärungen des Lehrers lauschen. Weg fallen nur Fächer wie Sport oder Kunst, die sich den Umständen entsprechend schwer digital umsetzen lassen.

Der Testlauf dafür habe erstaunlich gut geklappt, sagt Steinborn. „Wir hatten mehr Schüler online anwesend als im Durchschnitt in der Schule“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er gibt aber auch zu bedenken, dass es bei 180 Schülern und 25 Lehrern viel einfacher zu organisieren sei als an einer öffentlichen Schule mit 800 Schülern und 60 Kollegen. „Der Aufwand ist schon riesig. Ein schöner Nebeneffekt aber ist, dass auch weniger technikaffine Kollegen gut reingefunden haben“, betont Steinborn.

In der Theorie könnte jeder Schüler seinem Lehrer dazwischenfunken, bestätigt Steinborn. Denn Stummschalten könne der Lehrer einzelne Schüler nicht. In der Praxis funktioniere der Unterricht aber ausgesprochen gut. Der Lehrer, der alle seine Schüler in kleinen Porträts sehen kann, erteile ebenso das Rederecht wie im Klassenraum auch. Die Lehrer werden den Unterricht zum Teil auch von zu Hause aus geben, um die Internetleitung der Schule zu entlasten.

Ausnahmesituation ist vielleicht größte Chance für alle Schulen

Die aktuelle Ausnahmesituation sei für alle Schulen die vielleicht größte Chance, sagt Susanne Feldges, Vorsitzende von NextMG. „Unter Druck ist der Mensch zu so manchem fähig, vielleicht sogar zur Einführung stadtweit einheitlicher, funktionstiefer und motivierender Lernplattformen“, sagt sie. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für „Trial and Error“, also Versuch und Irrtum. Technische Angebote in Form von Apps gebe es reichlich, Lehrer und Schüler müssten sie nur nutzen.

Doch Feldges warnt auch davor, der aktuellen Situation mit althergebrachten Methoden zu begegnen. „Die vielfach angewandte Lösung, den zu erlernenden Stoff mit Angaben zu Büchern und Arbeitsblättern auf der Schulwebseite zu veröffentlichen, ist wenig erfinderisch und leider noch weniger zielführend“, mahnt sie. Denn welcher Jugendliche könne sich angesichts von Sonnenschein und steigenden Temperaturen schon zum Lernen motivieren? „Seien wir ehrlich: Welcher Erwachsene kann es?“

Auch sei in der Vergangenheit in zu vielen Fällen versäumt worden, sicherzustellen, dass die anvisierten Schüler den digitalen Lernstoff auch erreichen. „Wir haben nicht sichergestellt, dass die Jugendlichen rein technisch in der Lage sind, den Lernstoff auf diese Weise abzurufen und zu bearbeiten.“ Habe jeder Schüler einen Drucker? Internet- und Mail-Zugang? Bei einem durchschnittlichen verfügbaren Einkommen in Mönchengladbach von 20 700 Euro im Jahr könne auch nicht von jeder Familie erwartet werden, dass Kinder ab der fünften Klasse über einen eigenen Laptop verfügen, betont Feldges und ergänzt: „Niemand weiß, wie hoch der Unterstützungsbedarf wirklich wäre. Lass ihn uns doch herausfinden!“ Die Notwendigkeit sei noch nie so offensichtlich gewesen.