Gericht Amerikanischer Supreme Court entscheidet über Glyphosat-Fall von Bayer
Leverkuse/Washington/Kansas City · Kläger machen den Chemiekonzern Bayer für Krebserkrankungen verantwortlich. Nun entscheidet das oberste US-Gericht, ob es einen wegweisenden Glyphosat-Fall verhandelt. Ein jüngstes Urteil aus Kansas City stimmt das Unternehmen optimistisch.
Das oberste US-Gericht dürfte bis Montag entscheiden, ob es einen wegweisenden Fall im Glyphosat-Rechtsstreit von Bayer verhandelt. Die neun Richter berieten laut Gerichtsunterlagen am gestrigen Donnerstag darüber. Für gewöhnlich wird das Ergebnis am folgenden Montag bekannt gegeben, eine Veröffentlichung bereits am Freitag ist aber nicht ausgeschlossen. Zwar sieht es aktuell nicht danach aus, dass die Richter den Fall verhandeln - eine Überraschung ist aber denkbar, ebenso wie eine Verzögerung, sollten die Richter mehr Zeit brauchen, um sich ein Bild zu machen.
Bayer hatte in dem Fall des Klägers Edwin Hardeman 2019 einen Schuldspruch kassiert und wurde zu einer Schadenersatzzahlung von gut 25 Millionen US-Dollar verurteilt. Hardeman macht den umstrittenen glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup des von Bayer 2018 übernommenen US-Agrarchemiekonzerns Monsanto für seine Krebserkrankung verantwortlich. Der Dax-Konzern weist die Anschuldigungen zurück und argumentiert mit der Zustimmung vieler Aufsichtsbehörden zu dem Mittel sowie mit Studien, die belegen sollen, dass glyphosathaltige Produkte bei vorschriftsgemäßer Anwendung ungefährlich seien.
In dem Antrag an den Supreme Court argumentiert Bayer mit der sogenannten „Federal Preemption“. Der Konzern vertritt also die Ansicht, Schadenersatzansprüche wegen angeblich mangelhafter Warnungen vor Krebsrisiken könnten nach einzelstaatlichem Recht nicht bestehen, wenn sie mit Bundesrecht kollidieren. Zudem ist der Konzern der Meinung, die Zulassung von Experten als Zeugen der Klägerseite habe beim Prozess nicht den bundesrechtlichen Standards entsprochen.
Sollte der Supreme Court die Entscheidung von 2019 kippen, hätte das eine Signalwirkung für künftige Kläger. Bayer hofft, dann die Causa Glyphosat im Grunde abhaken zu können. Die US-Regierung, vertreten durch den sogenannten Solicitor General, sprach sich Mitte Mai gegen eine Verhandlung aus. Das ist zwar nicht bindend für den Supreme Court, macht einen Prozess aber unwahrscheinlich. Zu beachten ist allerdings, dass lediglich vier der neun Richter einer Annahme zustimmen müssen, es also keine Mehrheit braucht.
Dennoch wäre eine Annahme eine kleinere positive Überraschung für die Bayer-Investoren. Denn für den Fall, dass der Supreme Court sich mit dem Verfahren nicht befassen will oder letztlich gegen Bayer entscheidet, hatte der Konzern bereits im vergangenen Sommer zusätzliche Rückstellungen von 4,5 Milliarden US-Dollar gebildet (4,2 Mrd Euro). Mit diesem Geld will das Unternehmen dann ein Programm aufsetzen, um in den kommenden 15 Jahren mit den Forderungen potenzieller neuer Kläger in den USA umzugehen.
Sollte es aber zu einer Verhandlung kommen und ein Urteil zugunsten des Dax-Konzerns ergehen, könnten die Rückstellungen womöglich teilweise aufgelöst werden. Im Fall einer Ablehnung eines Verfahrens würde sich angesichts der bereits erfolgten Rückstellungen für potenzielle Klagen wohl erst einmal nicht viel ändern. Das Risiko künftiger Klagen will Bayer mindern, indem in den USA der Unkrautvernichter Roundup ab 2023 in der Version für private Käufer kein Glyphosat mehr enthalten soll.
Dass der Konzern in einem aktuellen Prozess in Kansas City im Bundesstaat Missouri an diesem Donnerstag gewann, stimmt den Konzern optimistisch. Die Jury urteilte, dass das Herbizid nicht für die Krebserkrankung des Klägers verantwortlich zu machen sei. „Dieser Schluss entspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen der vergangenen 40 Jahre sowie der Bewertung von Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt, dass Roundup sicher verwendet werden kann und nicht krebserregend ist“, erklärte ein Unternehmenssprecher. Bayer begrüßte das Urteil daher, sprach dem Kläger aber zugleich Mitgefühl aus.
Die Leverkusener sind noch mit zahlreichen weiteren ähnlichen US-Klagen konfrontiert. Zwar setzte sich der Konzern in den USA nun bereits in drei Glyphosat-Prozessen in Folge durch, verlor zuvor jedoch auch drei Verfahren in Serie.