Von Mailand nach Neuss Bewegendes Silvesterkonzert mit Chiara Margarita Cozzolani
Neuss · Mit einer Marienvesper der barocken Komponistin Chiara Margarita Cozzolani beschloss die Capella Quirina Neuss das Jahr. Das Konzert im Münster bot eine Reise in die klösterliche Klangwelt des 17. Jahrhunderts und begeisterte die Zuhörer mit musikalischer Tiefe.
Marienvesper? Da wäre sofort der berühmte Claudio Monteverdi zur Hand. Diesmal aber nicht. Denn zu Silvester hatte sich der Leiter des Kammerchors Capella Quirina Neuss einen anderen Namen ausgesucht. Sogar eine Frau aus dem Klosterleben vom Beginn des 17. Jahrhunderts. Sie dürfte den meisten der zahlreichen Besucher am feierlich-gehobenen Silvesterabend vorab unbekannt gewesen sein. Joachim Neugarts Wahl fiel nämlich auf die Mailänderin Chiara Margarita Cozzolani, deren vokalreicher Name allein bereits große Musik verhieß.
Die Canzonen der „Maestra di Capella“, salopp gesagt der Chefin der klösterlichen Musik in Santa Radegonda gleich gegenüber vom Mailänder Dom, sie schlugen auf Anhieb ein. Dafür sorgten allein das aufgebotene Ensemble mit dem vorzüglichen Kammerchor Capella Quirina Neuss, der Cantus Neuss mit Sandra Diehl und Dorothea Jacob, beide Sopran, Angela Froemer und Luca Segger (Countertenor als Ersatz für die Altistin Ute Weikämper), Leonhard Reso und Bruno Michalke, Tenor sowie Achim Hoffmann und Sebastian Klein, Bass. Hinzu kam das allein schon visuell faszinierende Ensemble Sonare mit seiner barocken Instrumentierung: Haruno Ikeda, Viola da Gamba,Yamato Hasumi, Chitarrone, Miroslawa Cieslak, Orgel und Thorsten Drees, Kontrabass. Mitten drin und gleichwohl darüber agierte Dirigent Joachim Neugart.
Tief theologisch unterlegt war das von Anfang an wohlklingende Musizieren. Aus dem kompositorischen Werk der schaffensfrohen Nonne hat der amerikanische Musikforscher Robert L. Kendrick von der Harvard University diese frappierende Marienvesper zusammengestellt. Sie belegt eindrucksvoll die kompositorische Wucht der Chiara Margarita voller Abwechslungsreichtum und Originalität.
Vertonte Psalme und Concerti lösten sich ab und schafften einen nicht zu entkommenden Spannungsbogen. Dramatik war im Spiel, Lobpreis, auf der Stelle zu interpretierende psalmische Zitate, die keinen Zweifel an der predigenden Botschaft ließen. Die Lobpreisungen waren von berührender Innigkeit, so gerieten die Vorträge zu einer Demonstration musikalischer Eindeutigkeit – sowohl in den Notenvorgaben, der Spielweisen und des umsetzenden Gesangs. So hat es damals im Mailänder Kloster Radegonda geklungen, und dem Original sehr nahe war diese Demonstration barocker Frömmigkeit am Silvestertag im Münster.
Brillante Gesänge, zügiges Aufspielen, entschiedenes Dirigat – sie erfüllten ihren Zweck und kamen glänzend an. Zu verdanken ist das der Komponistin, die mit ihrer jahrhundertealten Kirchenmusik keinen Vergleich zu scheuen braucht. Nahtlos fügte sich deshalb auch ein Hymnus des Großen Clausio Monteverdi ein, auf der Stelle gefolgt von einem strahlenden Magnificat der wunderbaren Chiara Margarita Cozzolani zum Schluss. Kräftiger Beifall, mit Ergriffenheit angereichert.