Selbstkritische Predigt Bischof: Kirche darf keine „Antworten von gestern“ geben

Essen · Deutliche Worte eines Bischofs: Wenn die katholische Kirche in Deutschland künftig noch eine Rolle spielen will, muss sie sich grundlegend ändern, sagt Franz-Josef Overbeck.

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat in seiner Neujahrespredigt den Zustand der Kirche schonungslos analysiert. (Archivbild)

Foto: Marcel Kusch/dpa

Der Essener Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat in seiner Neujahrspredigt eine schonungslose Analyse des Zustandes der katholischen Kirche in Deutschland vorgenommen. Das Christentum habe „dramatisch an Bedeutung verloren“, immer mehr Menschen in Deutschland lebten ganz selbstverständlich ohne Gott, sagte Overbeck nach vorab verbreitetem Redetext. Diese Menschen „brauchen keine Religion, keinen Glauben und schon gar keine Kirche, sind glücklich und zufrieden und führen oft ein erfülltes Leben und sind dabei keineswegs egoistische Menschen“, stellte Overbeck klar.

Die Antwort der Kirche auf diese Entwicklung dürfe nicht sein, darüber zu klagen, dass viele den Glauben abgelegt hätten. „Vielmehr gilt es, das Gespräch mit ihnen zu suchen, mit Interesse daran, welche Alternativen sie gefunden haben, die ihnen in ihrem Leben Halt und Orientierung bieten.“ Was nicht gelingen werde, sei, „auf die Frage der Menschen von heute mit den Antworten von gestern zu reagieren. Jedenfalls findet die Kirche in ihrer vergangenen Gestalt immer weniger Resonanz. Der christliche Glaube wird in der Sprache und in den Formen vergangener Zeiten in der Gegenwart kaum bis gar nicht mehr verstanden.“

Bischof: Weg der Kirche muss sich ändern

Auch könne das kirchliche Leben in seiner derzeitigen Form nicht aufrechterhalten werden. „Das tut weh“, räumte Overbeck ein, zum Beispiel wenn Kirchengebäude aufgegeben werden müssten.

Der Weg der Kirche müsse heute jedoch ein anderer sein als früher. „Menschen, die heute nach Gott fragen, bestimmen ihre Haltung zu Gott und zur Religion freier und eigenständiger, als es die Menschen früherer Generationen taten“, so Overbeck. Mit formelhaften Bekenntnissen und Lebensvorschriften könnten sie nichts mehr anfangen.

Was das Christentum dagegen auch heute attraktiv mache, sei die „Vision einer gerechteren Gesellschaft“, sei die „Hoffnung auf ein liebevolles Miteinander und ein solidarisches geschwisterliches Zusammenleben“. Die katholische Kirche der Zukunft müsse eine Kirche sein, die sich „in großer Pluralität und Vielfalt an unterschiedlichen Orten für unterschiedliche Menschen öffnet“.

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