Landespolitik Brexit-Sondersitzung ohne Merz und Minister
Düsseldorf · Zur von ihr beantragten Brexit-Sondersitzung des Europaausschusses hatte die Landtagsfraktion der SPD auch die Anwesenheit des Brexit-Beauftragten Friedrich Merz eingefordert. Stattdessen kamen weder er noch Minister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU), sondern nur Staatssekretär Mark Speich.
Der blieb angesichts der sozialdemokratischen Angriffe gelassen: „Mit Herrn Merz wurde kein zweiter Regierungssprecher verpflichtet, sondern ein Berater der Landesregierung.“ Im Ausschuss könne Merz daher nicht als Sprecher der Regierung auftreten.
Laut Speich hat die Landesregierung inzwischen alle Rechtsvorschriften in NRW mit Blick auf den Brexit überprüft. Betroffen wären nach seiner Aussage 30 Normen. Viel größeren Regelungsbedarf gebe es auf Bundesebene. So ermöglicht der Bund den Ländern beispielsweise, Briten im Beamtenstatus (zum Beispiel als Englischlehrer) zu halten, den sie eigentlich nach dem Austritt verlieren würden.
Für einen Brexit mit Abkommen ist in NRW mittlerweile das Übergangsgesetz auf den parlamentarischen Weg gebracht, wonach Großbritannien weiter wie ein Mitglied der EU behandelt würde. Ohne Abkommen wäre Großbritannien dagegen ein Drittstaat wie jeder andere. „Aber es wird weiter Klassenfahrten geben und touristische Fahrten bis zu 90 Tagen sind weiter möglich ohne Visum“, so Speich.
77 Prozent der NRW-Firmen
vom Brexit betroffen
Wirtschaftlich seien etwa fünf bis sechs Prozent des Bruttosozialprodukts durch den Brexit „im Risikobereich“, sagte der Staatssekretär. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag des NRW-Wirtschaftsministeriums gehen 80 Prozent der befragten Unternehmen von einem harten oder weichen Brexit aus. Nur 20 Prozent erwarten eine Umkehr der Briten durch Neuwahlen oder ein zweites Referendum. Gut drei Viertel der NRW-Firmen wären nach eigener Einschätzung auch selbst von einem Austritt Großbritanniens aus der EU betroffen. 88 Prozent von ihnen haben sich auf diesen Fall bereits vorbereitet.
Laut Ministerium werde eine effiziente Vorbereitung durch die große Unsicherheit über die Art des Brexits erschwert. Ähnlich äußerte sich Speich im Ausschuss. Die Landesregierung habe sich zwar auf alle möglichen Formen des Brexits vorbereitet. „Wir gucken in die Kristallkugel, aber die Kristallkugel ist blind.“ Klar ist bisher nur: NRW wird aufgrund seiner industriellen Struktur im Vergleich überproportional betroffen sein.