Abschied von einem Lebenswerk
Manfred Zenses hat sein letztes Programm vorgelegt. Und er wird auch als Letzter das Licht ausmachen in einer Einrichtung, die er seit Anbeginn leitet.
Burscheid. Erst waren die Planungen Routine. Doch irgendwann hat Manfred Zenses der Gedanke durchzuckt: Das ist dein letztes Programm. Ganz am Ende des Faltblatts steht: „Goodbye Megaphon“. Es hätte auch auf dem Titel stehen können.
Als Zenses 1975 die Leitung des neuen Jugendzentrums in Sträßchen übernahm, hatte er das noch als erste Zwischenstation des Berufswegs angesehen. Gelockt hatte ihn vor allem der mögliche Proberaum für seine Rockband Les. Wenn Zenses in diesem Jahr noch den Umzug ins neue Jugendzentrum an der Montanusstraße organisiert, danach in Sträßchen die Tür abschließt und in den Ruhestand wechselt, lässt er damit sein Lebenswerk zurück — und nimmt Erinnerungsgeschichten dutzendweise mit nach Hause.
In dem einstigen Schulgebäude steckt „ganz viel Zenses-Klüngel“, wie der 63-Jährige selber sagt. Machbares hat ihn immer mehr interessiert als Vorschriften. Mancher ist daran verzweifelt, dem Jugendzentrum hat es oft genug auch genutzt.
Rund 170 langzeitarbeitslose Jugendliche wurden im Laufe der Jahre durch die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen geschleust. Ihre Arbeitskraft steckt im Schülercafé, in Buswartehäuschen, in der Grillhütte — und natürlich im Megaphon selbst. Und seit 1979 sind weit über tausend Jugendliche bei den Ferienfreizeiten quer durch Europa getourt, von Schweden bis Portugal.
Zenses weiß von abenteuerlichen Hilfslieferungen zu erzählen, die ihn mal nach Italien führten, mal nach Danzig, in ein Kriegsgefangenenlager im Kosovo oder nach Russland. Er erinnert sich an ausverkaufte Filmvorführungen. Am meisten Herzblut aber ist zu spüren bei den vielen Anekdoten aus dem Musikgeschehen im Megaphon, dem der einstige Schlagzeuger besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt hat, noch verstärkt seit dem Aus für die Disco kurz nach der Jahrtausendwende, als der Leiter selbst Opfer einer der vielen Gewalttätigkeiten wurde und im Krankenhaus landete. „Seit damals hat es hier nie wieder eine Schlägerei gegeben.“
Einige der alten Weggefährten hat Zenses noch einmal verpflichtet für sein letztes Programm, die Simon & Garfunkel-Revivalband aus Erfurt beispielsweise, die er gleich nach der Wende geholt hat und die heute europaweit auf Tour ist. Oder den Bluesmusiker Richard Bargel. Oder Wolf Maahn. Letztes Konzert wird am 7. Juli der Auftritt von Beverly Diamond sein. Einer der Musiker ist ein ehemaliger Megaphon-Zivi.
So ist das ganz oft: Irgendwo spielt irgendwie immer irgendwer mit, der irgendwann mal im Megaphon irgendwas war. „Eigentlich müsste man ein Buch darüber schreiben“, sagt Zenses. Dass manch einer seiner Schützlinge inzwischen Karriere oder auch nur seinen Weg gemacht gemacht hat, gehört zweifelsfrei zu dem, was ihn im Rückblick zufrieden macht.
Aber noch bleibt nicht viel Zeit für Erinnerungen. Noch steht der Auszug bevor — 39 Jahre nach dem Einzug.