Arbeitssuchend nach Insolvenz: Und plötzlich zählt die ganze Erfahrung nichts mehr
Seit der RG Textil-Technik-Pleite ist Jürgen Schopeck auf Arbeitssuche — bisher vergeblich.
Burscheid. Jürgen Schopeck ist hoch qualifiziert. Seine Zeugnisse bescheinigen ihm fundierte Fachkenntnisse und Berufserfahrung, Gewissenhaftigkeit, Einsatzbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein. Fortbildungen ist der 48-jährige Betriebsschlosser nie aus dem Weg gegangen. Und „topfit“ fühlt er sich auch. Doch manchmal reicht das alles nicht, um Arbeit zu finden.
Dreimal hat Schopeck schlicht und ergreifend Pech gehabt: 1999 meldete Schmitz & Schulte Insolvenz an, der Betrieb, bei dem er seit der Lehre gearbeitet hatte. Während der Wirtschaftskrise 2009 musste er dann bei der Leverkusener Firma Foam Partner aufgrund des Sozialplans gehen: Steuerklasse 1, keine Kinder — da war er nicht zu halten. „Mein Chef in der Werkstatt hatte Tränen in den Augen.“ Und schließlich in diesem Jahr der erneute Abgang nach der Insolvenz der RG Textil-Technik im Luisental.
Die Hände in den Schoß legen kann und will er nicht. „Ich bin es nicht gewohnt, nicht zu arbeiten.“ 62 Bewerbungen an Firmen in der Region hat er bereits losgeschickt. „Aber zwei Drittel der Betriebe melden sich noch nicht einmal zurück.“ Und langsam beschleicht ihn das beunruhigende Gefühl: „Man gehört mit 48 und wahrscheinlich schon früher zum alten Eisen.“
Und eine zweite bittere Erfahrung bleibt dem Schlosser derzeit nicht erspart: „Es heißt immer, bildet euch fort, aber am Ende gilt man dann als überqualifiziert und ist zu teuer.“ Die Betriebe, so sein Eindruck, hätten am liebsten „20-Jährige mit 30 Jahren Berufserfahrung“.
Bei der Arbeitsagentur war Schopeck dreimal vorstellig — und saß jedes Mal einem anderen Sachbearbeiter gegenüber. Das Profil, was bei der Agentur von ihm erstellt wurde, bescherte ihm bisher überwiegend Angebote von Zeitarbeitsfirmen — mal in Zwickau, mal für ein halbes Jahr auf Montage in Südafrika.
Die gesamtwirtschaftliche Lage ist nicht rosig, das hat Schopeck schon mehrfach zu spüren bekommen. „Alles, was die Automobilindustrie betrifft, stagniert.“ Inzwischen wäre er auch bereit, trotz der schlechten Bezahlung bei einer Zeitarbeitsfirma einzusteigen, in der Hoffnung, später vom Betrieb übernommen zu werden.
„Ich lasse den Kopf nicht hängen“, sagt er. Noch trennen ihn zehn Monate von dem Bezug von Hartz IV. Das will er nach 30 Jahren im Beruf nicht erleben. Zu Hause blättert er sich Seite für Seite durch das Branchenbuch und recherchiert im Internet nach Betrieben mit Maschinentechnik. Und er fragt sich, was seine ganzen Qualifikationen eigentlich wert sind: „Wir sind doch nur Nummern.“