Auf Zeitreise ins raue Köln der 80er und 90er
Die ersten drei Köln-Krimis von Christoph Gottwald aus dem Emons-Verlag gibt es nun in einem Band.
Köln. Manni ist nicht gerade der Held, wie man ihn aus den großen Fernseh- und Kino-Krimis kennt. Mit seinem Leben kann er nicht viel anfangen, die berufliche Karriere hat den Kölner bislang nur wenig gekümmert. Dafür geht er lieber zum Trinken oder zockt in dubiosen Rund um Geld. Auch bei den Frauen hat er nur wenig Erfolg. Und sein Wagen ist eher ein Schrotthaufen auf Rädern, als ein rasantes Fahrzeug für Verfolgungen. Und Geld ist bei Manni auch eher Mangelware. Unsympathisch ist er trotzdem nicht, denn Manni geht seinen Weg und diesen meistert er auf seine ganz eigene Weise und nach seinen ganz eigenen Regeln.
So verwundert es auch nicht, dass der junge Kölner bei Christoph Gottwald in den 80er Jahren zum Protagonisten seines ersten Köln-Krimis wird. Regionalkrimis kannte man damals noch nicht. „Die Regale der Buchhandlungen waren spärlich gefüllt mit Rowohlt-, Ullstein- und Goldmannkrimis. Der deutsche Kriminalroman führte das graue Leben der Soziokrimis“, erinnert sich Verleger Hejo Emons.
Zu dieser Zeit beschäftigte er sich mit der Idee, einen Krimi zu veröffentlichen, der in Köln spielt und der auch Köln-Krimi heißen sollte. Gefehlt hatten damals nur noch der richtige Text und ein passender Autor, der diesen verfassen kann. Auf einem Bierdeckel bekam der Kölner Verleger die Telefonnummer von Christoph Gottwald überreicht. Laut Emons war er „ein Autor mitten aus dem Leben“ - „Sohn eines Verlegers, Kölner aus dem Norden der Stadt, trinkfest, aber selten betrunken, Germanistikstudent und Theatermacher an der universitären Studiobühne. Und Gottwald hatte genau das Manuskript, das Emons für seinen ersten Köln-Krimi so lange gesucht hatte.
Der Autor hatte lang davon geträumt, endlich finanziell unabhängig zu sein, und verdiente sein Geld zunächst als Fremdenführer und als Taxifahrer, der die Geschichten seiner Kunden aufmerksam anhört und abspeichert. Bald findet er in seinem stetigen Nachtleben zum US-Krimi-Autor Raymond Chandler und seinem Helden Philip Marlowe, der sich durchs nächtliche Los Angeles der 30er Jahre schlug — und das ohne Handschellen und Waffe. Er macht sich an seinen ersten Krimi, zunächst ohne den erhofften Erfolg bei den Verlagen — bis zum Anruf von Hejo Emons.
Kurz darauf erschien das Erstwerk „Tödlicher Klüngel“, in dem Manni aus Geldnot bei einem Privatdetektiv anheuert und in einen Fall hineingerät, der ihm beinahe das Leben kostet. Denn der Auftrag, den Manni heimlich seinem Chef abgeluchst hat, verwandelt sich von einer Affäre eines Geschäftsmannes mit einer Prostituierten in einen Thriller um die Kölner Baumafia, der schon bald die ersten Toten hervorbringt. Und Manni soll zum Sündenbock für die Morde gemacht werden. Das lässt sich der Kölner nicht gefallen und nimmt mit seinem besten Kumpel, dem Taxifahrer Charly, die Ermittlungen auf. Und seine Nachforschungen unternimmt Manni auf seine recht unorthodoxe Art und Weise.
Dieser Krimi aus dem Köln der 80er Jahre und seine beiden Nachfolger aus dem 90ern „Lebenslänglich Pizza“, der im Kölner Drogen- und Rotlichtmilieu spielt, und „Marie, Marie“ wurden nun in einem einzigen Krimiband zusammengefasst. Es ist eine spannende Reise in ein Köln, noch an der Grenze zur digitalen Welt — fast ganz ohne Computer und Smartphone. Dafür noch mit vielen alten Lokalen und Institutionen, die längst der Moderne zum Opfer gefallen sind. Antiheld Manni ist ein Protagonist, dem schnell die Sympathie des Lesers zufällt und dem man wünscht, dass er endlich mal seinen großen Coup landet. Während der Debütkrimi noch ziemlich düster daherkommt, spielt der Humor im zweiten Werk eine deutlich größere Rolle, während „Marie Marie“ ein echter Köln-Thriller ist.
Christoph Gottwald: Tödlicher Klüngel, Emons Verlag, 512 Seiten, 12.90 Euro.