Balkantrasse: Geburtstagsgruß für ein Stück Asphalt
Am Jahrestag der Eröffnung mit dem Rad von Kuckenberg nach Hilgen. Die Nutzer sind auch Gratulanten.
Burscheid. Die Sonne strahlt über dem Panorama-Radweg, wie man sich das für einen Geburtstag wünscht. Reingefeiert wurde auch — mit dem Dreifachfest am Sonntag. Jetzt, am Tag danach und ein Jahr nach seiner offiziellen Eröffnung, hat der Radweg die Muße, Gratulationen entgegenzunehmen.
Es ist 11 Uhr, als Stefani Enkel mit ihrem Mann Dietmar in Kuckenberg auf die Trasse einbiegt. Die 50-Jährige ist auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle im offenen Ganztag der Montanusschule. Dietmar Enkel (60) begleitet sie gerne. „Ich befinde mich in Altersteilzeit und hab auf diese Weise ein bisschen Bewegung. Und der Radweg ist doch wunderschön.“
So sieht das auch seine Frau, der nur ein Detail nicht gefällt: „Die ganzen Hügel, die eingebaut sind“, allen voran die Rampe hinauf zur Jahnstraße. „Da wäre ein Tunnel besser gewesen.“
Für Wolfgang Dahlhaus (63), der auch in Kuckenberg wohnt, ist die Trasse seit ihrer Freigabe fester Bestandteil seiner täglichen Nordic-Walking-Runde geworden. „Die letzten 30 Minuten gehe ich über den Weg von Burscheid zurück nach Kuckenberg. Eine ganz tolle Sache“, verbeugt er sich vor dem Geburtstagskind, „auch für die ganze Familie.“
Dahlhaus freut sich schon darauf, wenn der Ausbau in Richtung Leverkusen erfolgt ist. „Dann kann man bei Linde kurz über die Straße gehen in Richtung Talsperre Diepental und ist sofort wieder in der Natur.“ Sein Wunsch für den neuen Radweg: „Dass er in Ordnung bleibt und nicht zerstört wird. Wenn ich etwas entdecke, werde ich es jedenfalls auch bei der Stadt melden.“ In jedem Fall sei die Trasse „eine Bereicherung für Burscheid“.
Jutta Reda kennt die Strecke schon, seit sie als Kind mit dem Balkanexpress nach Burscheid gefahren ist. Das ist lange her. Aber mittlerweile hat sie sich unabhängig vom Ausbauzustand Stück für Stück die gesamte Trasse von Opladen bis Bergisch Born erlaufen. Die Spaniel-Mischlinge Fee und Finn sind immer mit dabei.
Trotzdem ist ihr Verhältnis zu Burscheids neuem Freizeitangebot ambivalent: „Ich freue mich total, dass die Trasse erhalten geblieben ist. Für mich persönlich hätte sie nicht so stark möbliert und asphaltiert werden müssen.“ Aber natürlich, da sind halt noch die anderen Interessen. Was sie dem Geburtstagskind wünscht? „Ein Fest!“
Die Innenstadt naht. Von der Wäscherei Sack weht ein Dampfgruß hinunter auf die Trasse. Und unter der Brücke Hauptstraße ist die Strecke schon wieder verschandelt: Plastiklöffel, Becher, Taschentücher und Flugblätter liegen verstreut auf dem Boden. Dabei hatten doch erst am Samstag Helfer den Radweg zum Auftakt der Umweltwoche gesäubert.
Vorbei geht es an der Montanusstraße, auf der vor einem Jahr Volksfeststimmung herrschte, und am Bauplatz für das neue Jugendzentrum. Unter dem Aspekt jugendgerechter Verkehrsanbindung liegt er optimal.
Ein paar hundert Meter weiter schlendern zwölf Kinder der Waldgruppe des Kindergartens Rasselbande die Trasse entlang zurück in die Einrichtung an der Höhestraße. „Für die Kinder ist das super hier. Sie können ungehindert pesen“, sagt Erzieherin Sabrina Werner. Ihr Kommentar zum Radweg: „Perfekt!“
Hinter der Brücke Griesberg beginnt die abgelegenste Strecke auf Burscheider Gebiet. Wald, Vogelgezwitscher, Ruhebänke. Der Unterstand, den Jugendliche aus acht Nationen im vergangenen August gebaut hatten, ist mittlerweile mit allerlei Schriftzügen beschmiert — wahrscheinlich unvermeidlich an dieser entlegenen Stelle.
Kurz vor dem Tunnel Ösinghausener Straße schlendert Oliver Willutzki der Autobahn entgegen. „Ich habe mich spontan entschieden, das schöne Wetter zu genießen“, sagt der 26-Jährige. Als Hilgener sähe er es zwar am liebsten, wenn weiter die Bahn auf der Trasse verkehren würde. Aber ansonsten kann er zu dem einjährigen Geburtstag nur gratulieren: „Das ist Naherholung pur. Wo andere Urlaub machen, wohnen wir.“
Nur einen Geburtstagswunsch hat er noch in petto: „Dass in Hilgen der Lückenschluss erfolgt und in Kuckenberg auch. Das steigert noch die Attraktivität.“ Wenig später folgt die rot-weiße Bake. Sie unterbricht das Radfahrervergnügen in Hilgen. Aber das soll die Feierstimmung heute nicht trüben.