Bergisch Platt als Fremdsprache
Die Jugend der Kaltenherberger steht vor ihrer nächsten Aufführung. Und nicht allen war die Mundart in die Wiege gelegt.
Burscheid. Vor zwei Wochen hat Niklas Hagenbeck noch auf der Bühne im Haus der Kunst gestanden, um als Sportler des Jahres geehrt zu werden. Jetzt steht der 14-Jährige wieder dort und müht sich mit dem Mundartbegriff Häpe (für Hippe, Ziege). Ein fragender Blick zu Waltraud Küpper. Die Prinzipalin der Kaltenherberger Jugendtheatergruppe gibt eine knappe Anweisung zur Aussprache, dann kann es weitergehen.
„Dabei kann der Niklas das gut, denn bei den Hagenbecks sprechen sie noch Platt“, sagt Gaby Winitzki, bei den Kaltenherberger Heimatfreunden für die Brauchtumspflege zuständig. Für andere Jugendliche, die da gerade für ihre nächste Aufführung proben, ist Bergisch Platt dagegen eine Fremdsprache, die sie neu lernen müssen. Da geht es ihnen wie manchen Erwachsenen: „Ich bin zwar auf der Heide geboren, aber mit Hochdeutsch groß geworden“, erzählt Ina Meraner, Jugendwartin der Kaltenherberger.
Die Proben gehen in die heiße Phase. Drei Wochen noch, dann ist Premiere. „Op jeden Pott kütt nen Deckel“ heißt das Stück aus der Feder von Waltraud Küpper, die es zusammen mit ihrer Tochter Carolin auch inszeniert. Um einen Witwer mit mehreren Töchtern geht es, von denen eine schwanger ist, aber nicht heiraten darf, bevor die Älteste nicht unter der Haube ist. Genug Stoff für alle Irrungen und Wirrungen der Liebe und Kuppelei — und sogar für Ausflüge in andere Mundarten, die so gar nichts mehr mit Bergisch Platt zu tun haben.
„Ganz kurzfristig“ sei die Aufführung noch ins Auge gefasst worden, sagt Jugendwartin Meraner. Denn der Bergische Abend des Vereins, bei dem auch die Jugend traditionell ihren Auftritt hat, lässt weiter auf sich warten. 2008 gab es ihn zum letzten Mal, vergangenes Jahr wäre er wieder an der Reihe gewesen, wurde aber mit Rücksicht auf das Hilgener Jubiläum verschoben. In diesem Jahr fand sich kein Termin — flugs ist man nun bei 2012.
Zu lange, um Kinder und Jugendliche bei der Stange zu halten. Denn viele der 18 Mitwirkenden sind inzwischen volljährig und haben das Abitur vor der Brust; ob sie nächstes Jahr noch dabei sind, steht in den Sternen. Und auch der Nachwuchs scharrt schon ungeduldig mit den Füßen. Drei Zwölfjährige der Kindertheatergruppe, die ebenfalls ein Mundart-Stück vorbereitet, dürfen auch in kleinen Gastrollen bei den Jugendlichen auftreten — und sind so stolz darauf wie die Älteren, wenn sie das erste Mal bei den Erwachsenen auf die Bühne dürfen.
Weniger stolz sind alle nur auf ihre Kostüme. Vor einem Jahr, bei „Vatter gesöökt“, konnten sie sich noch im Stil der 60er in Schale schmeißen. Diesmal spielt das Stück zu Kriegszeiten. Da sei es nicht immer so einfach gewesen, im Fundus der Kaltenherberger für jeden das Richtige zu finden, erzählen Gaby Winitzki und Ina Meraner schmunzelnd. „Mancher musste auch zu seinem Glück gezwungen werden.“