Burscheid Bestattungen in einer Mauer

Die Urnenwände auf dem Alten Friedhof kommen. Damit geht die Stadt einen weiteren Schritt weg von der früheren Bestattungskultur — und auf die Bürger zu.

Foto: Anna Schwartz

Burscheid. Wer zur Zeit auf den Friedhof an der Altenberger Straße geht, findet am Zaun ein Schild, das darauf hinweist, dass die nicht genutzten Grabkammern vom neuen Teil des Friedhofs auf den alten verlegt werden sollen. Denn der neue Friedhof ist schon wieder der alte und weitestgehend außer Betrieb. Er wurde 2011 nach nur zehn Jahren wieder geschlossen — es finden also seitdem keine Beerdigungen mehr statt.

Das Problem: Immer weniger Menschen lassen sich in Särgen bestatten — das ist in Burscheid wie auch überall sonst der Fall. Stadtkämmerer Bernhard Lentz geht davon aus, dass der Anteil der Urnenbestattungen mittlerweile bei etwa 70 Prozent liegt. Und damit geht auch der Platzbedarf zurück.

Bernhard Lentz, Kämmerer

Die Entwicklung ist relativ neu. Denn noch 2001 war die Stadt von einem massiven Mehrbedarf an Grabflächen ausgegangen und hatte den „neuen Friedhof“ in Betrieb genommen. Noch Anfang des Jahrtausends „gab es überwiegend Erdbestattungen“, sagt Lentz.

Jetzt geht die Stadt weiter in Richtung Platzreduktion. Denn im kommenden Jahr sollen erste Kolumbarien aufgebaut werden — Wände, in denen Urnen beigesetzt werden. Darüber hat der Stadtentwicklungsausschuss in der vergangenen Sitzung entschieden.

Der letztlich abgesegnete Entwurf umfasst zwei Wände mit Kammern, die auf einer leicht abschüssigen Grünfläche unterhalb der Kapelle stehen. Nach hinten heraus sollen dann drei Lagen mit Kammern stehen, nach vorne raus zwei Lagen. Dazwischen soll es eine Wasserstelle oder Ablagefläche geben. Der Rat der Stadt soll in seiner nächsten Sitzung darüber abstimmen, was genau an Baumaßnahmen durchgeführt werden soll. Dann werden Angebote eingeholt. Laut Lentz sollen die Kammern bis Mitte des Jahres stehen.

Der Entwurf wurde mit einer Gegenstimme angenommen. Bernhard Cremer vom Bündnis für Burscheid hat dagegen gestimmt. Nicht, weil er generell gegen die Urnenwände wäre. Sondern weil er Einwände gegen den Ort und gegen die Höhe der Wände hat.

Die Wände, die unterhalb der Kapelle auf der sich verändernden Grünfläche gebaut werden sollen, seien dort deplatziert, meint Landschaftsarchitekt Cremer. „Wir haben einen relativ großen Friedhof, mit relativ großen Grünflächen — und die Urnenwände sollen auf die schmalste Fläche“, kritisiert er den Vorschlag.

Dazu, so Cremer, sei die vorgesehene Höhe von 2,40 Meter viel zu hoch für die anliegenden Wege. Die Trauernden würden von der Höhe „erschlagen“, weil sie kaum zwei Meter von den Mauern entfernt stehen könnten.

Dazu sei der Platz zu schmal, um Bänke vor die Gräber zu stellen, kritisiert Cremer. So könnten die Trauernden nicht mit den Verstorbenen „in Korrespondenz“ treten.

Mit der Entscheidung für die Kolumbarien geht die Stadt dennoch den Weg weiter, der schon mit den Grabkammern, Urnengräbern oder Baumbestattungen begonnen wurde — ein Weg in Richtung alternative Bestattungsformen. Das habe aber auch mit der Nachfrage zu tun, sagt Lentz. Denn einerseits wollten Menschen ihren Hinterbliebenen nicht zur Last fallen, andererseits wollen Hinterbliebene auch gerne weniger Arbeit und vor allem kürzere Pflegedauer für die Gräber. „Die Nachkommen entscheiden das meist so“, sagt Lentz, „auch weil die Ruhefrist für solche Gräber kürzer ist.“

Dass dieser Trend kurzfristig Auswirkungen auf den „Alten Friedhof“ haben werde, glaub Lentz aber nicht. Erst einmal müssten die 30 Jahre Ruhefrist bei den bestehenden Gräbern ablaufen. Außerdem gebe es immer wieder Fälle, in denen die Familien die Fristen verlängerten, um die Gräber als Familienruhestätte zu nutzen.

Ganz frei von Folgen geht der Wandel aber nicht vonstatten, so Lentz. „Wir versuchen schon, die frei werdenden Flächen zu strukturieren und zusammenzufassen.“ Darauf könnten dann eben die Kolumbarien Platz finden — auch noch mehr. Denn das davon auf Dauer mehr gebraucht und gebaut würden, davon geht Lentz fest aus.

Den Bestand des Friedhofs sieht er aber nicht gefährdet. „Wir wissen nicht, wie sich die Bestattungskultur weiter verändert.“ Erst einmal sei der Platz ja weiter reduziert und der Veränderten Nachfrage in Sachen Bestattungsmöglichkeiten Rechnung getragen.