Burscheider reist für die Forschung nach Indien
Benjamin Schulz (27) studiert Geographie. Für sein Diplom erkundet der BV-Mitarbeiter jetzt das Leben der Ärmsten.
Burscheid. Die Impfungen gegen Hepatitis A und B, Cholera und Thyphus für 200 Euro hat er längst hinter sich, das Visum für 92 Euro ist erteilt. Der Flug ist gebucht, um Unterkünfte und die Reise kümmert sich die Universität Köln. Und auf ein Referat vor Ort über die Bevölkerungsentwicklung in Indien bereitet er sich gerade vor. Alles ist also bestens organisiert.
Und dennoch hat Benjamin Schulz gehörigen Respekt vor der bislang weitesten Reise seines Lebens in ein Land mit den verheerendsten Armutsvierteln der Welt. Mit 25 weiteren Studenten wird der 27-jährige Burscheider am 5. September nach Neu Delhi fliegen. Von dort geht es drei Wochen lang mit Autos und dem Zug auf eine hunderte Kilometer lange Rundreise durch den Norden Indiens. "Das würde ich auf eigene Faust oder auch zusammen mit der Familie nicht machen, weil es eine ganz andere Welt ist", gesteht der Geographie-Student.
Vertrauen habe er nur, weil es eine geführte Tour ist. Aber auch dieses Vertrauen sei begrenzt. "Wir fahren auch eine relativ lange Strecke nachts mit dem Zug." Bilder des jüngsten Bahnunglücks geistern dem jungen Forscher durch den Kopf. Auch Anschläge seien recht häufig. "Die Gefahr ist da", weiß er. Und auch zu Hause werden die Nachrichten regelmäßig verfolgt. "Meine Mutter leidet sehr."
Eine Exkursion dieser Größenordnung ist Bestandteil des Hauptstudiums der Geographie an der Kölner Hochschule. In Indien werden die Studenten 25 Kilogramm Bodenproben entnehmen und später zu Hause auf mögliche Belastungen untersuchen lassen. In einem mobilen Labor werden zudem Wasserproben möglicherweise aus dem Ganges bereits vor Ort ausgewertet. Wie hoch ist unter anderem der Chromgehalt, wollen die Studenten wissen. Und was bedeutet das für die Gesundheit der Menschen, die sich zu Tausenden in dem Fluss rituell waschen.
Doch das ist nur der physische Teil der Forschungsarbeit. Benjamin Schulz kümmert sich hauptsächlich um die anthroposophische Untersuchung: "Ich möchte wissen, wie die Menschen dort leben", erklärt er: Wie sind die Arbeitsumstände der Menschen in den Gerbereien? Welche Auswirkungen hat der Tourismus auf die Einhemischen? Und wie leben sie untereinander? "Es gibt dort immer noch das Kastenwesen, aber auch immer mehr Menschen, die es in den vergangenen Jahren geschafft haben, nach oben zu kommen." Sie lebten nun hinter Zäunen - nur durch eine Straße getrennt von den Slums, aus denen sie stammten.
Die Eindrücke dürften nicht einfach werden für den Burscheider, der seinen Forschungsauftrag jedoch professionell sieht: "Ich muss eine gewisse Arroganz an den Tag legen, weil mir das sonst womöglich zu nahe gehen würde." Und sachlich sieht er auch das Ergebnis der Untersuchungen seiner Gruppe: "Etwas verändern kann eine Gruppe von 25 Studenten aus Deutschland sicher nicht. Aber steter Tropfen höhlt den Stein."