„Das ist die große Chance, das Land zu modernisieren“
Aki Papazoglou ärgert sich über Pauschalurteile, verteidigt in Deutschland die Griechen und umgekehrt.
Burscheid. Den Scherz mit der Sparbüchse für Griechenland mag er nicht mehr hören. Aki Papazoglou ärgert sich, dass seine Landsleute derzeit pauschal zum Ziel von Häme und Beleidigungen werden. Dabei ist für den Gastronom unstreitig, "dass Griechenland seit drei Jahrzehnten über seine Verhältnisse gelebt hat".
Aber als Schuldige macht der 53-Jährige nur einen kleinen Kreis aus. Vornean die "unfähigen und korrupten Politiker", an erster Stelle Andreas Papandreou, Vater des heutigen Ministerpräsidenten. "Er war ein Charismatiker, aber auch ein großer Demagoge."
In seiner Amtszeit (1981-89 und 1993-96) seien die größten europäischen Subventionen nach Griechenland geflossen. "Aber die wurden nicht in die Infrastruktur gesteckt, sondern den Leuten direkt zur Verfügung gestellt. Das hat dazu geführt, dass alle glaubten, der Staat müsse immer für die Menschen aufkommen."
Daneben macht Papazoglou einen verlotterten öffentlichen Dienst und die massive Steuerhinterziehung gut situierter Freiberufler (Ärzte, Anwälte und Notare) aus. "Aber das sind insgesamt nur zehn Prozent der Bevölkerung. Die restlichen 90 Prozent sind ganz normale Menschen, die zwischen 900 und 1200 Euro netto im Monat haben." Aber gerade die breite Bevölkerung leide jetzt am meisten unter den verordneten Sparmaßnahmen.
Nicht nur bei Deutschen kämpft der Kommunalpolitiker gegen Pauschalurteile an, sondern auch bei den in Deutschland geborenen Griechen der zweiten und dritten Generation, die Griechenland nur noch aus dem Sommerurlaub kennen. "In Deutschland verteidige ich die Griechen und in Griechenland die Deutschen." Denn dort sei man über das derzeit von den Griechen gezeichnete Bild entsetzt.
Trotz der Dramatik bezeichnet Papazoglou die griechische Staatskrise als "Glücksfall". Sie sei "die große Chance, Griechenland zu modernisieren und von einem Balkan- zu einem europäischen Land zu machen". Ohne EU und Internationalen Währungsfonds (IWF) wäre das aus seiner Sicht nicht möglich.
"Ich denke nicht als Grieche, sondern als Europäer", sagt Papazoglou von sich. Dass die Seifenblase in seinem Heimatland eines Tages platzen würde, sei für ihn nicht überraschend gekommen. "Aber ich mache uns zum Vorwurf, dass wir uns nicht laut genug dagegen gewehrt haben."