Die Diebe werden zu Betrügern

Polizei legt die Kriminalitätsstatistik 2017 vor: Die Einbrüche sind deutlich zurückgegangen. Aber es gibt immer mehr Vermögensdelikte und Versuche, Senioren perfide zu betrügen.

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Burscheid. Senioren geraten im Rheinisch-Bergischen Kreis immer häufiger ins Visier von Kriminellen, die sie am Telefon mit dem so genannten Polizeitrick oder ähnlichen Machenschaften über das Ohr hauen wollen. Zwar ist die Gruppe der über 60-Jährigen als Opfer in der Statistik der Kreispolizei mit 6,9 Prozent gering vertreten, doch ist die Entwicklung laut Polizei äußerst besorgniserregend.

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Allein in diesem Jahr gibt es bereits 207 aktenkundige Fälle bei der Kreispolizei. Der Löwenanteil davon bleibt zwar im Versuchsstadium stecken, doch in neun „erfolgreichen“ Fällen wurden in den ersten beiden Monaten und den Märztagen bereits 353 700 Euro erbeutet. Damit ist die Polizei schon nach wenigen Tagen im neuen Jahr fast bei der Zahl des gesamten vergangenen Jahres: 250 Fälle wurden 2017 registriert, 18 Taten wurden vollendet.

Gerhard Wallmeroth Polizeidirektor

Und der psychische Druck auf die Opfer wird immer perfider erhöht, wie Kripochef Ralf van Uden gestern während der Präsentation der Kriminalitätsentwicklung 2017 erläuterte. „Wir haben sogar Fälle, in denen die Opfer dazu veranlasst werden, Bargeld und Wertsachen in einem Beutel draußen an die Tür zu hängen.“ Die grundsätzliche Masche sei dabei immer die selbe: Über das Telefondisplay tauche die Notrufnummer 110 auf und am anderen Ende meldet sich ein Betrüger, der sich als Polizist ausgibt, der von einem drohenden Einbruch spricht. Um die Wertgegenstände zu sichern, sollten sie in Sicherheit gebracht und von einem Polizisten abgeholt werden. In Fällen mit ähnlichem Muster wurden Senioren im Kreis schon dazu veranlasst, sechsstellige Beträge vom Konto abzuheben. Polizeidirektor Gerhard Wallmeroth: „Der ursprüngliche Enkeltrick hat im Laufe der Zeit erheblich an Innovation erfahren.“ Der „Polizeitrick“ sei regelrecht „eingerissen“, die Anrufe würden zumeist aus der Ferne gesteuert und die Prävention sei schwierig.

Grundsätzlich präsentierte die Polizei gestern aber eine Kriminalstatistik mit deutlich rückläufigen Straftaten. Insgesamt waren es im Kreis 13 573 — 416 weniger als 2016 ( minus 3 Prozent). Das ist seit 2009 der geringste Wert und damit sei der Kreis erneut sicherer geworden. Etwa jeder zweite Fall wurde aufgeklärt.

Besonders deutlich zurückgegangen ist die Zahl der Wohnungseinbrüche: von 1098 im Jahr 2015 über 743 (2016) auf 536 im vergangenen Jahr. „Eine Halbierung innerhalb von zwei Jahren, das ist wirklich gut“, erklärte van Uden. Er ließ aber auch nicht unerwähnt, dass die Aufklärungsquote mit 8,4 Prozent weniger gut sei. Hintergrund sei dafür, dass aufwendige Ermittlungsarbeit zwar vor Ort geleistet werde, die Erfolge aufgeklärter Taten bei Serieneinbrüchen sich dann aber häufig in Statistiken anderer Behörden ausdrücke. Grundsätzlich sei häufig aber die Beobachtung der Bürger wichtig, um überhaupt einen Zugang zu den Einbrechern zu bekommen. Doch gerade die lassen laut Polizeidirektor Wallmeroth mit sinkenden Einbruchzahlen nach. „Wir stellen eine rückläufige Sensibilität in der Bevölkerung fest.“

Deutlich angestiegen sind dagegen Sexualstraftaten. Hintergrund hierfür ist die geänderte Gesetzeslage: Demnach ist die sexuelle Belästigung seit November 2016 unter Strafe gestellt. Und in einem anderen Paragraf ist laut van Uden geregelt, dass schon der „erkennbare entgegenstehende Wille“ zumeist reiche, um einen Übergriff anzuzeigen. Und dieses Recht nehmen insbesondere Frauen verstärkt auch im Kreis in Anspruch: 77 Sexualstraftaten wurden 2016 angezeigt, 154 waren es im vergangenen Jahr. Die Taten spielten sich im öffentlichen und nicht-öffentlichen Raum ab — auffällig seien „viele jugendliche Täter“. Auch Rauschgiftdelikte nehmen zu. 441 Fälle musste die Polizei 2017 bearbeiten, im Jahr davor waren es noch 356. „Es ist unter anderem durch den Online-Handel zunehmend einfacher, an Drogen zu kommen“, sagt Wallmeroth. Entsprechende steige der Konsum.

Weiterhin auf dem Vormarsch sind Vermögens- und Fälschungsdelikte (von 2368 auf 2888 Anzeigen). „Die Diebe werden zu Betrügern“, fasste Ralf van Uden die gesamte Kriminalentwicklung zugespitzt zusammen.