Die kreative Seite des Einzelhandels

Der Samstagnachmittag stand im Zeichen der Kultur: Auf die Eröffnung von „Kunst im Schaufenster“ folgte die Lesekarawane.

Burscheid. Die Engländer nennen es "Window Shopping", in Deutschland heißt es Schaufenstergucken, wenn man nach Ladenschluss durch die Einkaufsstraßen zieht. In Burscheid wird dieser Zeitvertreib einmal im Jahr mit Kultur verbunden.

Zum 18. Mal stehen in den Auslagen der Geschäfte wieder Bilder und andere Objekte Burscheider Hobbykünstler. Organisatorin Edeltrud Stöcker beschreibt den Trend der Ausstellung so: "Es sind viele Bilder dabei, viel Acrylmalerei, aber auch Collagen und die Schnitzerei von Mike Kinne."

Besonders auffällig sind die drei großen Brückenbilder von Marianne Löwer im Schaufenster des Friseurs von Eitzen an der Hauptstraße 11. Sie zeigen die Kölner Hohenzollernbrücke, die Rialtobrücke in Venedig und die Karlsbrücke in Prag.

Die Aktion "Kunst im Schaufenster" ist in 34 Geschäften in der Innenstadt zu sehen. Am unteren Ende der Hauptstraße beginnt die Ausstellung bei Second Hand & Neu. In der Montanusstraße gibt es fünf Ausstellungsorte und auch viele Geschäfte der Lindenpassage und der oberen Hauptstraße sind dabei. Bei Mode und Textil Hülpüsch sind Roland Schwamborns Bilder zu sehen. Bei den Dessous steht dort ein weiblicher Akt und bei der Babymode ein Pinguinjunges.

Nach den Liebhabern der Malerei zogen die Literaturfans durch die Innenstadt. Die zweite Lesekarawane war noch besser besucht als die erste im vergangenen Jahr. So setzten sich gleichzeitig knapp 20 Menschen auf die Stühle des Salons Iland und zwischen die Utensilien im Montanussanitätshaus zur Lesung hin.

Hans-Josef Iland las eine Geschichte von Guy de Montpassant über einen Nekrophilen. Grund für die Auswahl, so sagt er: "Diese Geschichte hat, wie alles im Leben, mit Haaren zu tun."

Im Sanitätshaus las Monika Karrenbauer eine Geschichte über eine Prothese von Siegfried Lenz. Beteiligt waren auch die Inhaber der Fotofactory, des Geschenke- und Dekogeschäfts Facette, des Bestattungshauses Kuhler und Kaufmann und der Buchhandlung Ute Hentschel.

Die ungewöhnlichen Orte brachten die Karawanenteilnehmern sofort ins Gespräch. So erzählte ein Mann, kaum hatte er auf dem Frisierstuhl Platz genommen, eine Geschichte vom Rasieren.

Die Lesekarawane ist Teil der Burscheider Büchertage, mit deren Verlauf die Fördervereinsvorsitzende Eva Scholand unter dem Strich zufrieden ist: "Ich habe mich daran gewöhnt, dass die Leute spontan sind und viele noch in letzer Minute kommen."

20 Jahre nach Einzug der Bücherei in das Gebäude an der Hauptstraße feierten die Büchereimitarbeiter mit dem Förderverein am Samstag noch ein kleines Fest. Die Dekoration dazu: gesammelte Lesezeichen aus 20 Jahren. Die Entleiher haben neben Zetteln, Spiel- und Postkarten auch Stickübungen und Fotos in den Büchern vergessen. Zu sehen sind die Lesezeichen jetzt an einer Pinnwand.