Die pure Form der Kommunikation
Trompeter Till Brönner und Bassist Dieter Ilg präsentieren am Sonntag in der Kölner Philharmonie ihr gemeinsames Album „Nightfall“.
Wie ist der Kontakt zu Dieter Ilg entstanden?
Till Brönner: Wir kennen uns schon seit etwa 25 Jahren und haben immer wieder in verschiedenen Umfeldern und Konstellationen zusammengearbeitet. Wir haben schnell erkannt, dass wir eine ähnliche Wahrnehmung der Jazzszene haben, wenn es um Sichtweisen zur Existenz und zur Organisation des Genres geht.
Wie kam es zur aktuellen Konstellation, die jetzt zum Album „Nightfall“ geführt hat?
Brönner: Die Idee, unsere Musik auf das äußerste — auf Trompete und Bass — zu reduzieren, wurde vor etwa sieben oder acht Jahren geboren. Es ist ein Projekt, das uns beiden sehr viel gibt. Es ist die pure Form der Kommunikation, der kleinstmögliche Dialog zwischen zwei Menschen. Man kann bei den Auftritten keine Sekunde entspannen, sonst reißt der Dialog sofort ab. Deshalb stehen wir uns auf der Bühne auch gegenüber und nicht nebeneinander. Jetzt nach Jahren mit Liveauftritten sind wir mit etwas Verspätung ins Studio gegangen. Der Aufnahme des Albums kam die Erfahrung, die wir auf der Bühne gesammelt haben, aber sehr zugute.
Wie schwer war es, jetzt die Stücke für das Album auszuwählen?
Brönner: Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir etwas Neues, noch nicht Dagewesenes kreieren können. Das Album hat einen sehr hohen Anteil an Improvisation. Und jedes Konzert, das wir geben, ist anders, das gilt auch für den kommenden Auftritt in der Kölner Philharmonie.
Die Bandbreite des Albums reicht von Johann Sebastian Bach über Leonard Cohen bis zu Britney Spears.
Brönner: So eine Bandbreite kommt nur zustande mit so einer Konstellation von Instrumenten, die uns als Musikern die größtmögliche Freiheit gibt. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch das neue Album. Die Trompete ist das Dach unseres Hauses und der Kontrabass der Keller. Die Mitte, wo sonst andere Instrumente zu Einsatz kommen würden, fehlt, und trotzdem entsteht bei uns etwas sehr Stabiles. Der mittlere Bereich ist für uns beide der große Raum für Kreativität, mit der wir das Werk eines Komponisten aus einem anderen Jahrhundert neben einen Song von Britney Spears stellen können.
Till Brönner, Trompeter
Wie war die gemeinsame Arbeit im Studio?
Brönner: Die jahrelange Zusammenarbeit hat sich ausgezahlt. Wir konnten im Studio mehr ins Detail gehen. Wenn eine Idee im Raum stand, haben wir sie einfach ausprobiert und, wenn es gepasst hat, diese perfektioniert. Es war eine sehr schöne und spannende Zeit.
Wie steht es um den Jazz hierzulande?
Brönner: Ich gehöre nicht zu denen, die den Jazz in einer schwierigen Situation sehen. Wir haben aktuell einen Generationswechsel, der die Musiker genauso betrifft wie das Publikum. Und es gibt trotzdem noch die Jazzexperten, die in ihrem alten Elfenbeinturm sitzen. Auch die brauchen wie alle anderen in Sachen Jazz ein Software-Update. Es ist eine Herausforderung für alle, eingefahrene Richtungen und Mentalitäten aufzubrechen. Musiker müssen heute beim Jazz bei der Frage der Selbstvermarktung fähig und auch kreativer als früher sein.
Welche Beziehung haben Sie zu Köln und dem Rheinland?
Brönner: Es ist eine emotionale und positive Beziehung hier zur Region. Ich bin hier groß geworden und habe in Köln studiert. Hier gibt es viele Stationen und Erinnerungen daran. In der Kölner Philharmonie habe ich schon in sehr jungen Jahren gespielt und freue mich, nun am kommenden Sonntag wieder nach Hause zu kommen.
Wie schätzen Sie die Festivallandschaft der Region ein?
Brönner: Die Düsseldorfer Jazzrally hat eine lange Tradition und wurde auch von einem Schirmherren wie Klaus Doldinger geprägt. In Leverkusen habe ich nur einmal gespielt. Dort hat man es geschafft, sich zu öffnen und aktuelle Einflüsse einem größeren Publikum nahezubringen. Ein spezialisierteres Festival wie Moers hat es da etwas schwerer. Insgesamt gesehen, haben wir in der Region wohl noch die stärkste Konzentration an Jazzmusikern, aber Berlin hat mittlerweile den Titel Jazzhauptstadt übernommen, was sich auch daran zeigt, aus wie vielen Nationen sich dort Jazzmusiker versammelt haben.
Was kann das Publikum am kommenden Sonntagabend in der Kölner Philharmonie erwarten?
Brönner: Zwei gut ausgeschlafene Musiker, die sich vor 2000 Menschen im Saal präsentieren werden. Es wird nicht der große Lärm sein, sondern eine besondere Welt mit zwei Instrumenten im Dialog. Wir haben mit der neuen CD viel Material, das wir anderes interpretieren, als man das bislang gewohnt ist. Jeder Abend ist für mich mit einer großen Befriedigung verbunden, die ich spüre, wenn ich in mein Hotelbett steige. Wir können die Dinge völlig frei und virtuos spielen, was in einer anderen Konstellation so nicht möglich wäre.
Konzert: Till Brönner und Dieter Ilg, „Nightfall“, Kölner Philharmonie, Bischofsgartenstraße, Beginn: 20 Uhr, Tickets: Telefon 0221/280280.
koelner-philharmonie.de