Die Stärke kommt aus dem Wir

An Lebenserfahrung trennen Eva und Kathrin Hambitzer nur neun Minuten — und sonst nicht viel.

Burscheid. Sie ordnen sich selber in den guten und den bösen Zwilling ein. Und empfinden sich doch wie ein Herz und eine Seele. Eva und Kathrin Hambitzer teilen nicht nur Aussehen, Wohnung, Studium und Berufsziel, sondern auch die Sportart: Sie sind Handballerinnen. Wenn auch die Laune der Natur dann doch für einen kleinen Unterschied gesorgt hat: Eva wirft mit rechts, Kathrin mit links.

Die besondere Geschwisternähe, die zwischen eineiigen Zwillingen entstehen kann, lässt sich an den beiden 24-Jährigen auf bewegende Art studieren. „Wir stärken uns extrem gegenseitig den Rücken“, sagt Eva. Ein Zusammenhalt, der durch den Tod der Mutter, lange Jahre Lehrerin an der Burscheider Hauptschule, und des Bruders noch einmal intensiviert wurde. „Wenn man uns alleine trifft, sind wir deutlich weniger selbstbewusst.“

Eine Symbiose, die sich erst in den Details etwas auflöst. „Ich“, sagt Eva (der böse Zwilling), „bin ein bisschen ichbezogener.“ „Ich“, sagt Kathrin (der gute Zwilling), „besorge die Geschenke für die Familie und organisiere unser Studium.“ Aber jede sieht die Eigenheiten der Schwester als Gewinn für sich selbst. „Ich profitiere davon, dass Eva dann zu mir sagt: Entspann dich mal“, erzählt die neun Minuten jüngere Kathrin.

Bis zu ihrem 20. Lebensjahr und dem Umzug nach Opladen haben die beiden in Ösinghausen gelebt, waren EMA- und Landrat-Lucas-Schülerinnen — und entdeckten im Alter von neun Jahren ihr Herz für den Handball. Ab der D-Jugend für die Turngemeinde Hilgen aktiv, kamen sich die sportlichen Schwestern nie ins Gehege: Eva war im linken Rückraum gefordert, Kathrin dank ihrer Linkshändigkeit gefragter Rechtsaußen.

Erst 2006 trennen sich die sportlichen Wege. „Kathrin war mir immer einen Tick voraus. Bei mir zählt nur Spaß, Spaß, Spaß“, sagt Eva. Ihre Schwester wagt dagegen den Sprung zu Bayer Leverkusen. Vier Jahre spielt sie dort im Regionalligateam. Dann kommt das Angebot der Bundesligamannschaft: Seit der Saison 2010/2011 tritt Kathrin Hambitzer für die Elfen an. Gerade hat sie den Vertrag für eine weitere Saison unterschrieben.

Der Preis, den sie dafür zahlt: „Ich bin Stammspielerin auf der Bank“, beschreibt sie lachend ihr Ersatzspielerinnen-Dasein. Umgeben von Nationalspielerinnen mehrerer Länder, wird die Luft dünn. Bis auf ein paar „Mitleidsminuten“, wie sie es nennt, fehlt ihr die Spielpraxis. Und in unteren Mannschaften darf sie altersbedingt nicht mehr eingesetzt werden.

Eva ist gleichwohl „wahnsinnig stolz auf meine Schwester“. Und zwar nur das: „Ich kann aus ganzem Herzen sagen, neidisch war ich nie.“ Sie selbst ist einen anderen Weg gegangen, hat in Witzhelden Bezirksliga gespielt, ehe sie zum 1. FC Köln wechselte, wo sie gerade den Aufstieg von der Verbands- in die Oberliga geschafft hat. Aktuell überlegt sie, noch mal den Verein zu wechseln.

Aber zunächst steht für beide Lehramtsstudentinnen für Haupt- und Realschule am 8. Juni die letzte mündliche Prüfung des Staatsexamens an. Dann folgt die Referendarzeit. Die Fächerwahl (Eva: Mathe und Sport; Kathrin: Biologie, Sport und Französisch) ist nicht dieselbe, die Schule soll es aber möglichst sein. „Ich will das unbedingt“, sagt Eva. Ein Herz und eine Seele reißt man nicht auseinander.