Drechselarbeit in Kämpchen
Rentner Horst Rinne kann nicht über Beschäftigungsmangel klagen. Seine Holzarbeiten werden immer beliebter.
Burscheid. Als Horst Rinne im Jahr 2000 in Ruhestand ging, kam bei ihm die kreative Ader zum Vorschein. Mit dem Bau von Weihnachtspyramiden, Nussknackern oder Krippen vertreibt sich der 68-Jährige jetzt die freie Zeit. Das schmucke 200 Jahre alte Haus in Kämpchen, in dem das Ehepaar Rinne wohnt, ist im Laufe der vergangenen Jahre mit immer mehr Holzfiguren dekoriert worden, die der gelernte Maschinenschlosser in akribischer Drechselarbeit angefertigt hat.
"Das ist bei uns Teamarbeit", betont Rinne und weist auf die Pinselkünste seiner Ehefrau Else hin, die den Figuren mit bunter Farbe oder Beize den letzten Pep verleiht. Vom kleinen Weihnachtsmann auf dem Snowboard bis hin zur mannshohen Pyramide, die sich dank eines Elektromotors dreht, haben die Rinnes so ziemlich alles gebaut, was sich die Anhänger von Weihnachts-dekorationen nur vorstellen können. Ein Höhepunkt im Wohnzimmer von Familie Rinne ist eine achteckige Kirche, die im Original in Seiffen im Erzgebirge steht und die sich die beiden mehrere Male vor Ort angeschaut haben.
Die schönsten Exemplare wurden sogar fotografiert und sind in einem Album verewigt. Viele Arbeiten wurden bereits verkauft und erfreuen jetzt so manche Familie zum Weihnachtsfest.
"Freunde und Bekannte waren unsere ersten Kunden", berichtet der Hobby-Handwerker, der bei den Fuhrmännern seiner anderen Leidenschaft nachgeht, dem Singen. Zunächst waren die Schnitzereien nämlich nur für die eigene Wohnung gedacht. Als aber die Nachfrage stieg, hat Rinne die Produktion erhöht und arbeitet in der Vorweihnachtszeit viele Stunden in der Woche in seiner Werkstatt.
Für einige Mitstreiter aus dem Gesangsverein hat der Rentner sogar schon Vereins- oder Familienwappen angefertigt. Natürlich aus Holz. "Mittlerweile hat sich herumgesprochen, was wir alles machen", sagt Horst Rinne nicht ohne Stolz. Derzeit arbeitet er an einem pompösen Wappen mit einem Hirsch als Motiv. Fotokamera und Drucker leisten beim Aufzeichnen des Motivs auf das rohe Stück Holz wertvolle Arbeit. Mit Messern und Meißeln erledigt er den Rest.
Beim Rundgang durch die Ausstellung, die in der Vorweihnachtszeit im Hinterhof eingerichtet und stundenweise für Besucher zugänglich ist, erklärt Horst Rinne, wie er an das Hobby geraten ist: "Durch viele Fahrten an den Bodensee haben wir häufig einen Abstecher nach Rothenburg ob der Tauber unternommen, wo sich der Hauptsitz einer bekannten Weihnachtsartikelfirma befindet." Die dortige Dauerausstellung diente als Motivation, es selbst einmal mit dem Drechseln zu probieren.
Ein bisschen handwerkliches Geschick, viel Geduld und das Wissen aus einigen Fachbüchern haben aus dem ehemaligen Polier eines Straßenbauunternehmens einen Künstler gemacht. Um in Serie produzieren zu können, arbeitet Horst Rinne mit Stäben unterschiedlicher Längen, die beim Drechseln gleiche Formen der Figuren garantieren.
Der Blick in das Heiligtum, die Werkstatt, lässt erahnen, welche Arbeit wirklich hinter den Figuren und Pyramiden steckt. Drei bis vier Wochen arbeitet der 68-Jährige zum Beispiel an einem Nussknacker. "Mit Unterbrechungen", fügt Rinne an. "Ich arbeite meistens an mehreren Dingen gleichzeitig." Er holt ein massives Stück Holz zum Vorschein. "Das wird einmal ein Familienwappen, das geht in die USA."
In einem Nebenraum der Werkstatt stehen etwas unförmige Rohlinge. Das sind bereits grob geschnitzte Figuren, die aus Tirol importiert wurden und von Rinne ein Gesicht verpasst bekommen. Andere Hölzer wie Ahorn, Kiefer oder Buche besorgt er von einem Großhändler aus Wuppertal und schnitzt aus meterlangen Balken kunstvolle Rentiere.
Zum Glück hat das Ehepaar ein Haustelefon installiert. Damit ruft Else ihren Horst zum Mittagessen, wenn der wieder einmal an der Bandsäge steht oder Wappen aufzeichnet. Auch die Enkelin profitierte schon von Opas Hobby. Zur Geburt gab es nämlich eine Holzwiege mit eingraviertem Namen - made in Burscheid.