Ein Arzt und guter Zuhörer geht

Nach 31 Jahren hat Frauenarzt Milan Jarolimek seine Praxis übergeben.

Foto: Barbara Sarx

Burscheid. Als Milan Jarolimek 1983 die Praxisräume in der Montanusstraße bezog, um sich als Frauenarzt niederzulassen, lag die Praxis seines Vaters Karl nur wenige hundert Meter entfernt in der Kirchenkurve. Noch acht Jahre praktizierten die beiden Frauenärzte parallel, bis sich der Vater 1991 mit 81 Jahren aus dem Berufsleben zurückzog und die Praxis seinem Nachfolger Markus Spahrkäs überließ. Seit dem 1. Januar ist nun auch Milan Jarolimek im Ruhestand. Erstmals seit 44 Jahren ist der Familienname nicht mehr auf einem Burscheider Praxisschild zu finden.

Vater und Sohn haben sich in ihrer gemeinsamen Zeit ergänzt. „Er hatte die größere Erfahrung, ich die moderneren Geräte“, erinnert sich Milan Jarolimek. Eigentlich hätte er auch die väterliche Praxis übernehmen sollen. Aber dann ergab sich vorzeitig die Gelegenheit, eigene Räume im Neubau an der Ecke Haupt-/Montanusstraße zu beziehen. Dass sich damit dauerhaft zwei Frauenärzte im Ort etablierten, hat Jarolimek nie als Problem gesehen. Auch das Verhältnis zu Markus Spahrkäs sei immer kooperativ gewesen.

Jarolimeks Abschied hat sich eher leise vollzogen. „Ich habe das nicht großartig angekündigt, weil lange noch nicht klar war, ob ich zum Jahreswechsel auch wirklich vollständig aufhöre. Und mir wäre es peinlich gewesen, wenn ich mich von den Patientinnen verabschiedet hätte und dann im Januar doch wieder ab und zu aufgetaucht wäre.“ Noch heute muss seine Nachfolgerin Roxana Richter in manchem Patientengespräch die neue Situation erklären. Und der 68-Jährige selbst zeigt sich überwältigt von den Reaktionen und Danksagungen, die nun nach und nach doch bei ihm eintreffen. „Das hat mich überrascht und rührt mich auch.“

Vielleicht hat diese Resonanz damit zu tun, dass er sich selbst als „Arzt der älteren Kategorie“ bezeichnet. „Ich habe mich Neuerungen nie verschlossen, aber ich habe auch nicht aufgehört, meinen Patientinnen in erster Linie zuzuhören.“ Immer habe er versucht, seinen fachärztlichen Blick zu weiten und die Frauen ganzheitlich zu sehen. „Denn Somatik und Psyche kann man nicht trennen.“ Nicht nur einmal hat er dafür den Dankessatz gehört: „Mit Ihnen kann man noch reden.“

Seit 1991 die EDV in der Praxis eingeführt wurde, haben rund 15 000 Frauen Jarolimeks Rat in Anspruch genommen. Als sichtbares Ergebnis seiner zahllosen Schwangerschaftsbetreuungen war die Praxis zuletzt mit Babyfotos zugepflastert. Für ihn habe es nichts Schlimmeres gegeben als wenn in der Behandlung etwas nicht gut gelaufen sei, beschreibt er sein Verantwortungsgefühl. „Aber jedem Arzt passiert das mal.“

Jetzt sagt er mit Blick auf seinen Ruhestand: „Ich habe meinen Pfad noch nicht gefunden.“ Irgendein Betätigungsfeld wird er sich suchen, vielleicht im Umweltschutz, der ihm so am Herzen liegt.

Nur eines ist sicher: Eine Rückkehr nach Tschechien wird es nicht geben. 1966 war er als 20-Jähriger mit seinen Eltern aus der damals kommunistischen Tschechoslowakei über Jugoslawien und Österreich nach Deutschland geflohen, weil die Eltern politisch verfolgt wurden. „Ich alleine hätte meine Heimat nicht verlassen.“ Aber er war bereit, ein neues Leben anzunehmen. Heute sagt der Wahlkölner: „Meine Heimat ist längst hier.“