Schneechaos: Der Morgen, als der Stillstand kam
Zu Fuß war man am Montagmorgen im Berufsverkehr schneller als mit dem Auto. Die Schulen gaben unterrichtsfrei.
Burscheid. Es ist der Morgen, an dem man nur noch zu Fuß weiterkommt. Eigentlich hätte Yvonne Karp zur Arbeit nach Bonn gemusst und Ronny Scholl nach Köln. Um 5.50 Uhr waren sie in Wermelskirchen in die Buslinie 260 eingestiegen. Knapp drei Stunden später sind sie wieder ausgestiegen — in Sträßchen. Jetzt stapfen die beiden gegen 9.20 Uhr in Höhe des Gewerbegebiets Linde/Irlen auf dem Gehweg entlang der B 51 zurück in ihre Heimatstadt.
Ganz so weit hat es Katharina Tiemp nicht. Die Auszubildende der Hilgener Caritas-Kita hatte an diesem Morgen eigentlich zur Berufsschule nach Köln-Lindenthal fahren wollen. Aber auch sie kapituliert nach zwei Stunden, verlässt den Bus wieder und macht sich zu Fuß auf den Heimweg.
Derweil sind die Autofahrer auf der Fahrbahn nebenan der Verzweiflung nahe. Der überfrierende Schneematsch hat die Fahrbahn in eine schmierseifenglatte Oberfläche verwandelt. Räder drehen durch, Lkws stehen blinkend am Rand.
Schon zwei Stunden zuvor hatte sich in Höhe Linde ein Gefahrgut-Lkw quergestellt, der Anhänger rutschte halb in den Graben. Zwar trat kein Gefahrgut aus, aber die Bergung dauerte lange. Auch die Abschleppunternehmer stecken schließlich im Verkehrschaos fest.
Das gilt gleichermaßen für Walter Kemper. Der Mitarbeiter der Straßenmeisterei in Hilgen steht mit seinem Räumfahrzeug im Stau auf der B 51. „Ich bin seit 3 Uhr unterwegs. Bis 5 Uhr waren die Straßen noch einwandfrei. Aber jetzt kommen auch wir nicht mehr durch.“ Denn der Schneefall ließ bis zum einsetzenden Berufsverkehr auf sich warten.
Vergeblich warten müssen an diesem Morgen auch die Schüler auf ihre Schulbusse. Haupt-, Real- und Gesamtschule sagen im Verlauf des Vormittags den Unterricht ab. An der Hauptschule waren nur drei von 16 Lehrern und 45 von 155 Schülern durchgekommen. Die Realschule veröffentlicht auf ihrer Internetseite für die einzelnen Jahrgangsstufen und Fächer rasch ein paar Hausaufgaben.
An den Grundschulen wird für die Kinder, die nicht nach Hause können, eine Notbetreuung organisiert — bis auf die Montanusschule. An diesem Chaostag ist hier praktischerweise ohnehin unterrichtsfrei.
Enttäuschte Gesichter dagegen an der Grundschule Dierath: Dort hätte es den zum Halbjahreswechsel üblichen Ausflug der ganzen Schule zur Eissporthalle nach Bensberg geben sollen. „Den haben wir jetzt natürlich abgesagt“, bedauert die kommissarische Rektorin Corinna Stobbe. Einziger Trost: Der Ausflug soll voraussichtlich zu einem anderen Termin nachgeholt werden.
Auch innerstädtisch und auf der Autobahn 1 bewegt sich bis zum Mittag kaum etwas. 19 Verkehrsunfälle verzeichnet die Polizei kreisweit, fast selbstredend ohne Verletzte. Denn Tempo hat an diesem Morgen niemand drauf.
Christiane Heider, Ehefrau des Bezirksbeamten Ralf Heider, ist daher auch zu Fuß zur Arbeitsstelle unterwegs. Nicht, weil sie irgendwo festgesteckt hätte. Ein Blick aus dem Fenster und sie hat sich entschieden, von Hilgen-Dünweg zum Notariat Droste in der Burscheider Innenstadt lieber zu gehen. „Heute kommen doch alle später.“