Abschied der Zehntklässler Ein Auslaufmodell feiert mit Stil
Im nächsten Jahr wird die Hauptschule ihren Betrieb einstellen. Bei der Abschlussfeier mischen sich Selbstbewusstsein und Unsicherheit.
Burscheid. Dass die Friedrich-Goetze-Hauptschule ein Auslaufmodell ist, will man an diesem Tag nicht glauben. 35 Zehntklässler werden in der Hauptschulaula verabschiedet — zum vorletzten Mal überhaupt. Zwar bleiben nach der Sommerpause noch zwei Jahrgänge zurück, aber die heutigen Achtklässler werden nach den Sommerferien 2017 ihr letztes Schuljahr an der Hauptschule in Leichlingen verbringen. Doch von Untergangsstimmung ist die Abschlussfeier weit entfernt. Im Gegenteil: Sie fällt so ambitioniert aus wie lange nicht.
Schon weit im Vorfeld hatte sich ein Team um Giovanna Lombardo um die Dekoration der Hauptschulaula bemüht. Die Bühne ist verkleidet, von der Decke hängen bunte Dekobüschel herab. Auch das ausliegende Programm ist handgestaltet. Niemand soll den Eindruck gewinnen, hier würden die letzten Jahrgänge nur noch lieblos durchgewunken.
Auch die Schüler selbst lassen sich nicht lumpen. Krawatten, weiße Hemden, Kleider und ein choreografierter Einzug zu Beginn; den Mädchen mit hochhackigen Schuhen hilft anschließend ein Schüler galant von der Bühne. Das gesamte Auftreten versetzt nicht nur Eltern und Verwandte in Erstaunen. Auch Stefan Caplan ist voll der Anerkennung.
Dabei weiß der Bürgermeister , dass es eine auslaufende Schule nicht leicht hat. Zehn Lehrer halten den Betrieb derzeit noch aufrecht. „Danke, dass Sie durchhalten“, sagt Caplan.
Manchmal geht es offenbar genau darum — durchzuhalten. Die kommissarische Schulleiterin Marika Prandl-May, die nach dem Abschied von Waltraud Schmitz im vergangenen Jahr die Hauptschule durch ihre letzten Jahre begleitet, deutet an, dass der Umgang mit den scheidenden Zehntklässlern nicht immer einfach war. „Einige waren schwierig und das hat ausgestrahlt auf andere.“ Aber immerhin hätten alle am Ende noch die Kurve gekriegt. „Alle 35 haben einen Abschluss in der Tasche. Macht etwas daraus.“
Was, das steht für viele aber noch in den Sternen. Gerade ein Viertel hat einen Ausbildungsplatz gefunden, der Rest macht erst einmal auf dem Berufskolleg weiter. Joachim Ferrier, dem Ausbildungsleiter bei Federal-Mogul (FM), wird das nicht entgangen sein.
Er übernimmt bei der Abschlussfeier den angenehmen Part, von FM gestiftete Buchgeschenke zu verteilen. Jede der sechs Hauptschulklassen hatte zuvor einen aus ihren Reihen ermittelt, der ausgezeichnet werden sollte. Meist steht dabei das soziale Engagement im Vordergrund.
Zu den Schulabgängern gehören auch die beiden Schülersprecher Görkem Celik und Lea Kopisch. Aus ihren Beiträgen spricht manche Unsicherheit vor dem, was kommt. Görkem redet von einem leeren Blatt im nächsten Lebenskapitel. Er fordert seine Mitschüler auf: „Gebt nicht so schnell auf. Ihr seid stark und könnt so viel mehr, als ihr euch zutraut.“ Auch Lea erzählt davon, dass die Nerven oft blank lagen und die Lehrer „unsere Frustrationen abbekommen haben. Aber es waren auch unsere Lehrer, die nie aufgehört haben, an uns zu glauben.“ Den versammelten Eltern dankt sie mit den Worten: „Eure Aufgabe ist noch nicht vorbei.“
Noch ist auch die Aufgabe der Hauptschule nicht vorbei. 1968 hatte eine Schulreform den Typus eingeführt, zehn Jahre später war die Burscheider Schule in den Neubau auf dem Schulberg eingezogen. Wenn sie im kommenden Jahr ihren Betrieb einstellt, wird sie das Burscheider Schulleben 49 Jahre lang mitgeprägt haben.
In den Reihen der Aula sitzt auch Angelika Büscher, Rektorin der Real- und der Gesamtschule. Die Realschule hat noch einen Jahrgang mehr als die Hauptschule und wird ihre letzten Schüler erst 2019 verabschieden. Ab dann gehört der Schulberg mit seinen beiden Schulgebäuden endgültig allein der Johannes-Löh-Gesamtschule.
Sie wird ihre erste Abschiedsfeier 2020 für die scheidenden Zehntklässler organisieren müssen — und 2023 für Burscheids erste Abiturienten überhaupt.