Gastspiel Eine Reise in 4000 Jahre Geschichte
Burscheid · Esther Lorenz und Peter Kuhz präsentierten in der Kirche am Markt unter dem Titel "Numi Numi“ hebräische Gesänge.
Erwartungsvolle Stille stand im Kirchenschiff der evangelischen Kirche am Markt. Pfarrerin Annerose Frickenschmidt kündigte am Samstagabend vor etwa hundert Besuchern ein musikalisches Duo besonderer Art an.
Esther Lorenz, Gesang, und Peter Kuhz, Gitarre, führten 90 Minuten lang durch die Welt hebräischer Lieder entlang einer 4000-jährigen Geschichte. Der große literarische Schatz jüdischer Psalmengesänge und die Historie der biblischen Ur-Väter berührt auch heutige Zuhörer, wenn sie in ihrer eigenständigen musikalischen Form lebendig werden.
Romantisches Liebeslied nach Versen des Hohelieds Salomons
Ein romantisch-zart gesungenes Liebeslied nach Versen aus dem Hohelied Salomos ließ bereits den geschmeidigen Mezzosopran Esther Lorenz‘ erkennen. Ihre klassische Gesangsausbildung sowie Unterricht in Schauspiel, Klavier und Tanz schloss sie in ihrer Heimatstadt Berlin ab. Ihr Repertoire erweiterte sie mit Weltmusik und Jazz und arbeitete mit verschiedenen Big-Bands und Combos zusammen. Vor vielen Jahren entdeckte sie ihre Liebe zur hebräischen Musikkultur.
Sie beherrscht die alt-hebräische Ausdrucksform ebenso wie die moderne Landessprache und erarbeitete sich autodidaktisch auch die Feinheiten der sephardischen Sprachmischung mit ihren aramäischen und spanischen Elementen. Mit dem angenehmen Timbre ihrer Stimme verbindet sie die fremdartigen Worte mit den manchmal recht melancholischen Molltönen zu einer Klangharmonie von verhaltener Impulsivität und melodischer Sehnsucht. Auch in den leisesten Passagen bezauberte sie mit glasklaren Tönen.
Als „taktvoller“, idealer instrumentaler Begleiter hatten Peter Kuhz und seine Gitarre interessante Zwischenspiele zu bieten sowie anspruchsvolle Soloparts. Kuhz (58), ebenfalls in Berlin beheimatet, begann bereits im Alter von elf Jahren, klassische Gitarre zu lernen. Als Solist sowie als Mitglied mehrerer Ensembles unternimmt er zahlreiche Tourneen. Eins seiner aktuellen Projekte sind die Konzerte mit Esther Lorenz.
In den Texten zeigt sich
eine hohe Emotionalität
Mit der Präsentation hebräischer Lieder hat sich das Duo ein außergewöhnliches Metier erarbeitet. Naturgemäß verstehen nur wenige Zuhörer die emotionalen Inhalte dieser Sprache. Behutsam übersetzte Lorenz die Texte jedes ihrer Vorträge ins Deutsche und fügte ihren sehr sachkundigen historischen Details noch heitere Histörchen und Anekdoten im typisch jüdischen Humor hinzu.
Wie selbst persönliche Tragiken ihre Klage in einem liebevollen Schlaflied laut werden lassen, verfehlte seine Wirkung auch bei dem Publikum dieses Abends nicht. Gesänge auf alt-testamentlicher Basis erklingen oft im typisch chassidischen Flair – sind also mit jüdischer Frömmigkeitstradition identisch, ohne jedoch in schwermütigen Formen daherzukommen. Taktfolge und Rhythmus lassen keinen Zweifel darüber, dass die meisten Vertonungen von Psalmen als gemeinsame, heitere Tänze in der Präsenz des Heiligen gedacht sind. Mit einem Sprung über Jahrtausende hinweg setzten dann moderne hebräische „Hits“ einen Gegenpol – und bewiesen trotzdem die immer noch präsente Substanz dieser eigenständigen Musik. Esther Lorenz bestätigte im Gespräch, dass ihre Liebe zur jüdisch-hebräischen Klang- und Gedankenwelt in ihren eigenen jüdischen Wurzeln verankert ist.
Als stimmungsvolle Zugabe bildete der Rundgesang Hinei ma tov u‘ma na‘im (aus Psalm 133 -wie angenehm ist es, wenn Brüder friedlich miteinander leben) den Abschluss des Konzerts.
Von dieser Art Liedern begeistert waren Mehdi Hakamizadeh und Masameh Ahmadi, nebst einigen jungen Leuten aus ihrem Umfeld. Pfarrer i.R. Gerhard Schauen hörte von dieser Gruppe die positive Nachricht, dass ihr Kirchenasyl nun abgeschlossen ist und eine Aufenthaltsgenehmigung vorliegt.