Ende eines Politdramas: Neuer Bürgermeister in Egg

Paul Sutterlüty ist Nachfolger von Theresia Handler in Burscheids Partnergemeinde in Vorarlberg.

Ende eines Politdramas: Neuer Bürgermeister in Egg
Foto: Hubert Cernenschek

Burscheid/Egg. Man kann es einfach melden: Paul Sutterlüty ist neuer Bürgermeister in Burscheids österreichischer Partnergemeinde Egg im Bregenzerwald. Der 53-jährige Rechtsanwalt wurde am Ostermontag in der Gemeindevertretung zum Nachfolger der Anfang Februar zurückgetretenen Theresia Handler gewählt. Aber hinter der schlichten Meldung verbirgt sich ein Politdrama, das für eine Gemeinde dieser Größe seinesgleichen sucht.

Handler (57), seit April 2012 Eggs hauptamtliche Bürgermeisterin als Nachfolgerin des aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Norbert Fink, erhält bei der Wahl zur Gemeindevertretung im März 2015 das mit Abstand beste Ergebnis und wird in der Folge von der Gemeindevertretung im Amt bestätigt. Doch bereits bestehende Konflikte im Gemeindevorstand eskalieren weiter und führen zu ihrem Rücktritt zum 1. Februar dieses Jahres. Was die eigentlichen Gründe dafür sind, wird nicht öffentlich.

Ein Monat bleibt, um einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. Mit der Lehrerin Carmen Willi (35), 2015 erstmals in die Gemeindevertretung gewählt, scheint sie nach schwieriger Suche gefunden. Am 1. März wird ihre Kandidatur von der Egger und Großdorfer Liste, die in der Gemeindevertretung 23 von 24 Sitzen hält, einstimmig unterstützt. Aber drei Tage später, am Tag ihrer geplanten Wahl in der Gemeindevertretung, zieht Willi ihre Kandidatur zurück.

Der Grund dafür führt zu Fassungslosigkeit und einem Aufschrei im ganzen Land: Teils anonym, teils in eine joviale Gratulation zum künftigen Amt verpackt, wird ihre Eignung angezweifelt, weil sie Mutter von drei kleinen Kindern ist. Die Angriffe verletzen sie derart, dass sie sich nicht mehr in der Lage sieht, zu kandidieren.

Die gesetzliche Frist zur Wahl eines neuen Bürgermeisters muss überschritten werden, die Suche beginnt von vorn. Am Ostermontag schließlich tritt die Gemeindevertretung zur Wahl zusammen, ohne dass der neue Kandidat vorher bekannt wird. Es ist Paul Sutterlüty.

Der Anwalt ist zwar ein politischer Routinier, gehört der Gemeindevertretung seit 1995 an und war von 2000 bis zur Wahl 2015 auch Fraktionsvorsitzender. Er hatte das Amt danach aber niedergelegt, weil er sich im Laufe dieser Legislaturperiode ganz aus der Politik zurückziehen wollte. In den Turbulenzen zum Jahreswechsel 2015/2016 kehrt er zwar an die Spitze der Fraktion zurück, schließt das Bürgermeisteramt aber mehrfach kategorisch für sich aus.

Dass er sich schließlich doch bereitfindet, erklärt Sutterlüty mit den Angriffen auf Carmen Willi: „Ich denke, dass die Demokratie gefährdet ist, wenn destruktive Kritik, untergriffige Kommentare und anonyme Hass- und Neidbotschafter ihre Ziele erreichen.“

Sutterlüty ist nicht der erste Bürgermeister der Familie: Großvater Johann Peter hatte das Amt in Egg von 1950 bis 1965 inne, Onkel Anton von 1980 bis 2000. Der 53-Jährige selbst hat 20-jährige Erfahrung als ehrenamtlicher Finanzreferent der Gemeinde und gehörte zehn Jahre auch dem Gemeindevorstand an. In den neuen Vorstand ist auch Carmen Willi gewählt.

Zwei planerische Vorhaben warten jetzt als Hauptherausforderung: zum einen der Bau der neuen Mittelschule, mit 22,5 Millionen Euro das größte Bauprojekt in der Geschichte der Gemeinde; zum anderen die Neugestaltung des Zentrums. An ihr hatte sich ein Teil der Zerwürfnisse entzündet, die schließlich zum Rücktritt von Theresa Handler geführt haben.

Burscheid ist auch deren Nachfolger vertraut: „Ich habe das Straßenfest besucht und war auch als jugendlicher Fußballspieler schon mal in Burscheid.“