Frechener Bach wird revitalisiert
In Beton verschaltes Gewässer im linksrheinischen Stadtgebiet bekommt wieder seinen natürlichen Verlauf.
Köln. Die Stadt will den Frechener Bach als eines der wenigen Fließgewässer im linksrheinischen Stadtgebiet ökologisch deutlich aufwerten. Sein historischer Verlauf hat sich durch die Entwicklung der Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Vergangenheit sowohl auf Frechener als auch auf Kölner Stadtgebiet stark verändert. Eine natürliche Speisung des Bachs durch Quellwasser gibt es nicht mehr, heute sorgen dafür die Frechener Kläranlage oder starke Niederschläge, für die er die Funktion eines Vorfluters übernimmt.
Die ersten rund 300 Meter, nachdem er östlich der A 1 Kölner Stadtgebiet erreicht hat, fließt der Bach in einem naturnahen Bett, dann verläuft er begradigt in einer Betonverschalung. Schon nach insgesamt einem Kilometer mündet er in den Kölner Randkanal. Der weitere Lauf liegt trocken und endet im Bereich der Militärringstraße in der Kanalisation. Nur nach starkem Regen oder wenn der Wassergraben des historischen Stüttgenhofs aufgefüllt werden muss, fließt Wasser durch ein Steuerungsbauwerk über den Randkanal in diesen Teil des Bachlaufs.
Am 19. April hat das Amt für Landschaftspflege und Grünflächen mit den Bauarbeiten begonnen, um den Frechener Bach auf Kölner Stadtgebiet wieder in sein historisches Bett zurückzuführen. Der Plan sieht zunächst die Beseitigung der Betonverschalung vor, an deren Stelle ein neues, fünf bis sieben Meter breites Gewässerbett mit durchlässiger Sohle tritt. Diese Aufweitung des Bachprofils soll die eigendynamische Entwicklung des Gewässers fördern. Hinzu kommt die Reaktivierung des jetzt trocken liegenden Umleitungsbauwerks an der Horbeller Straße, des Aquädukts über den Randkanal und des Unterlaufs östlich von diesem durch dauerhafte Zuführung von Bachwasser. Ein angetriebenes Schöpfrad mit einem Durchmesser von drei Metern führt dem Umleitungsbauwerk und damit dem Unterlauf künftig Wasser zu.
Das Rad fördert sechs Liter Wasser pro Sekunde. Die Menge ist so bemessen, dass der Bach ausreichend Wasser führt und dieses im Untergrund versickern kann, bevor es im Bereich des Militärrings ankommt. Die Einleitung ins Kanalnetz muss dann nur noch bei Starkregen erfolgen. Durch die Versickerung des Bachwassers gelangt dieses ins Grundwasser zurück. Dies entspricht der historischen Situation, denn der Frechener Bach hatte nie den Weg zum Rhein gefun-den.
300 Meter östlich des Stüttgenhofs, wo das Bachbett bisher seine Richtung um 90 Grad zur Stadtbahn hin ändert, wird das Gewässer in seine historische Trasse zurückverlegt. In dem neuen, ebenfalls bis zu sieben Meter breiten Bett mit geschwungenem Verlauf bekommt der Bach den Raum, den er für eine möglichst naturnahe Entwicklung benötigt. Ein Steg und eine Brücke ermöglichen es den Besuchern der dortigen Parklandschaft, das Gewässer hautnah zu erleben.
Der neutrassierte Abschnitt endet in einer Mulde, in der überschüssiges Wasser in den Boden gelangen kann. Zur ökologischen Verbesserung trägt darüber hinaus ein fünf bis zehn Meter breiter Streifen beiderseits des Bachs bei, der der Anpflanzung von Röhricht und/oder Gehölzen sowie der freien Naturentwicklung vorbehalten bleibt. Die Bauarbeiten erfolgen auf einer Länge von 1,6 Kilometern, auf 1,2 Kilometern erhält der Bach ein neues Bett, bei den restlichen 400 Metern fällt lediglich die Betonverschalung weg. Die Kosten betragen 1,4 Millionen Euro, das Land NRW fördert das Projekt zu 80 Prozent. Im Vorfeld der Arbeiten hat die Stadt 23 Erlen verpflanzt, 22 neue Bäume kommen noch hinzu.
Die Wiederbelebung des Frechener Bachs stellt nicht nur ein verschwundenes Element der linksrheinischen Kulturlandschaft wieder her, sondern schafft auch einen ökologisch wertvollen Bereich inmitten der Bördelandschaft. Gleichzeitig macht sie den gesamten Grünzug West, durch den das Gewässer im Abschnitt zwischen A 1 und Militärring parallel zur Dürener Straße neben der Stadtbahntrasse verläuft, auch attraktiver. Die Einbindung des historischen Stüttgenhofs und des Bodendenkmals „Bandkeramische Siedlung“ hebt die kulturhistorische Bedeutung des Frechener Bachs hervor.
Die natürliche Quelle des Gewässers lag früher in Benzelrath westlich von Frechen am Fuß des Vorgebirges. Wegen des räumlich begrenzten Quellgebiets führte der Bach nur eine geringe Menge Wasser und versickerte in einer ehemaligen Rheinrinne in der Nähe des heutigen Stadtwaldweihers. Trotz des nur etwa zwölf Kilometer langen Verlaufs hat der Frechener Bach die Kulturlandschaft beidseits seiner Ufer wesentlich geprägt.
Als vor 7000 Jahren linienbandkeramische Siedler den Wald rodeten und erstmals als Ackerbauern sesshaft wurden, bestimmten die Nähe zum Wasser und die fruchtbaren Lössböden der Mittelterrasse des Rheins ihre Ortswahl. Von der Bedeutung des Frechener Bachs im Mittelalter zeugen die erhaltenen ehemaligen Herrensitze Haus Vorst und Stüttgenhof, deren Wassergräben der Frechener Bach speiste oder noch speist, ebenso wie das Gut Keuschhof, die letzte verbliebene historische Hofanlage in Marsdorf.
Mit dem Beginn der industriellen Entwicklung, die auch an der Stadt Frechen nicht vor-beiging, änderte sich die Lage jedoch grundlegend. Konnte der Frechener Bach bis dahin die Abwässer der Gemeinde ohne Probleme aufnehmen, so führten die Ansiedlung von Industrieanlagen und der fortschreitende Braunkohletagebau dazu, dass nicht nur die natürliche Quelle versiegte, sondern auch vermehrt Überschwemmungen auf Kölner Stadtgebiet auftraten. Seit 1962 nimmt der Kölner Randkanal das Wasser des Frechener Bachs auf.