Fröhliches Fest des Glaubens
Das Fassungsvermögen der evangelischen Kirche in Hilgen geriet zum 50-jährigen Bestehen an seine Grenzen.
Burscheid. Die Planer der evangelischen Kirche in Hilgen mögen ja viel bedacht haben, aber sicher nicht die eines Tages bevorstehende 50-Jahr-Feier:
Datumsgenau ein halbes Jahrhundert nach ihrer Einweihung war die inzwischen zum Gemeindezentrum angewachsene Kirche am Sonntag Vormittag nicht in der Lage, alle Festgäste aufzunehmen. Der Gottesdienst wurde auch in den Innenhof übertragen.
"Eingeladen zum Fest des Glaubens" - dieses Motto des Gottesdienstes schlug sich auch in vier Predigtteilen nieder. Kantorin Silke Hamburger ließ nacheinander die Gäste aufstehen, die in Hilgen getauft oder konfirmiert wurden, hier geheiratet oder schon einmal beim legendären Adventsbasar mitgeholfen haben.
Pfarrerin Annerose Frickenschmidt will Kirche gerade auch als Ort für Menschen mit (Glaubens-)Zweifeln und voller Verzweiflung verstanden wissen, die "keine Hemmungen haben, das Haus Gottes in Anspruch zu nehmen".
Ihr Kollege Matthias Pausch sieht in Petrus’ erst geglücktem und dann doch im Kleinmut endenden Gang über das Wasser des See Genezareth das Sinnbild über die mögliche Kraft des Glaubens.
Und Jugendleiterin Anke Theron-Schirmer gewährte einen Einblick in den Kummerkasten der Zukunftssorgen.
Draußen konnten die Gäste danach die Zukunft aber wieder sehr handfest und zuversichtlich angehen: Mit einem Fingerabdruck auf dem Verlegeplan wurde die Stelle markiert, für die man zuvor symbolisch eine Bodenfliese erworben hatte.
Im Rahmen der Aktion, die die dringend erforderliche Sanierung mitfinanzieren soll, erhielt jeder Spender auch eine Urkunde.
Der katholische Pfarrer Markus Höyng brachte allerdings gleich seine eigene Version als Gastgeschenk mit: eine passgenau zugeschnittene Bodenfliese aus der Liebfrauenkirche.
Schließlich fuße man bei allen Unterschieden "auf demselben Fundament: Jesus Christus". Neben Höyng waren auch Vertreter aller anderen Nachbargemeinden gekommen: aus Hilgen-Neuenhaus, von den beiden freien Gemeinden und sogar vom Türkisch-Islamischen Kulturverein, der trotz eines eigenen Tages der offenen Tür kurz mit einer Delegation vorbeischaute.
Nicht nur Fliesen gab es inmitten des fröhlichen Treibens zu kaufen, sondern auch die Festschrift, eine Hör-CD mit von unterschiedlichen Gemeindegliedern gesprochenen Bibeltexten, Karten für das Klangwege-Konzert am Samstag und für das nächste Stück der Theatergruppe ("Der Fall Rautermann" am 20. und 22.Juni im Gemeindehaus Hauptstraße).
Dazu wurde schon kräftig für das Kirchenkurvenfestival am 24.August geworben - alles in allem Gemeindeaktivitäten, die nicht für allzu große Zukunfts-Verzagtheit sprechen.
Für eine Person war das Jubiläum zugleich ihr Abschiedsfest: Ruth Grube, jahrzehntelange Grenzgängerin zwischen Haupt- und Ehrenamt, brach noch im Laufe des Tages in ihre neue Heimat nach Lübbecke auf. Zuvor hielt sie gemeinsam mit dem früheren Hilgener Pfarrer Viktor Wendt noch Rückblick auf 50 Jahre Hilgen.
Zum Ausklang gab es in einem Sketch mit tröstlicher Botschaft: Gott ist vollkommen, doch nicht das Menschenwerk, das in und an seinen Kirchen zum Ausdruck kommt.
Ein Boden als Stolperfalle, kaum isolierte Fenster und schlecht ausgesteuerte Mikrofonanlagen, eine defekte Orgel, falsch angeschlagene Lieder und gar Tierkadaver in der Holzverkleidung: 50 Jahre Kirchengeschichte in Hilgen legen auch genug Zeugnis ab vom Unperfekten.