Johnson Controls: Der Schaden ist noch schwer zu greifen
Gewerbe- und Einkommensteuer, Kaufkraft und soziales Engagement: Welche Folgen hat die Entscheidung von JC für die Stadt?
Burscheid. Wenn ein so dominanter Arbeitgeber wie Johnson Controls (JC) die Stadt verlässt, ist man mit Untergangsszenarien schnell bei der Hand. Aber trifft das wirklich zu? Bei der Suche nach den möglichen Auswirkungen der Entscheidung fallen die Antworten nicht so eindeutig aus wie vielleicht erwartet.
Kleines Unternehmen, kleine Gewerbesteuereinnahmen; großes Unternehmen, große Einnahmen. Das ist eine Milchmädchenrechnung, die nicht aufgeht. Gerade die beiden großen Arbeitgeber FM und JC sind in Sachen Gewerbesteuer nicht zu kalkulieren.
Das Steuerrecht erlaubt den Konzernen, Gewinne am einen Standort mit Verlusten am anderen zu verrechnen. Immer wieder geht Burscheid dabei leer aus.
Andererseits kann es wie in diesem Jahr zu exorbitanten Nachzahlungen in Millionenhöhe kommen, die den Haushalt eines Jahres auf einen Schlag sanieren. Aber zeitverzögert wirkt sich das negativ auf die Schlüsselzuweisungen des Landes aus, die in drei Jahren entsprechend ausfallen werden.
Unter dem Strich bleiben natürlich dennoch Einnahmen an der Stadt hängen, aber mit mittelständischen Unternehmen, die ihre Gewinne nicht anderweitig verrechnen können, fährt die städtische Finanzplanung deutlich verlässlicher.
Zweite Einnahmequelle ist der kommunale Anteil an der Einkommensteuer. Entscheidend ist dabei der Wohn- und nicht der Arbeitsort. Mit den JC-Mitarbeitern verbindet sich die Hoffnung auf Ansiedlung von Neubürgern mit höherem Einkommensniveau. Allerdings wird die Zahl der JC-Mitarbeiter, die in Burscheid wohnen, auf maximal zehn Prozent geschätzt.
Aufgrund der Nähe zu Haan ist nicht zwangsläufig zu erwarten, dass viele von ihnen die Stadt nun wieder verlassen werden. Andererseits werden künftig kaum weitere JC-Mitarbeiter einen Umzug nach Burscheid erwägen.
Die Frage, wie gerade höherwertige Baugebiete mit größeren Grundstücken demnächst noch vermarktet werden können, ist offen. In Rötzinghofen jedenfalls haben eine Reihe von JC-Mitarbeitern ein neues Zuhause gefunden.
Schwere Zeiten stehen denjenigen Dienstleistern bevor, die zum Großteil am Tropf von Johnson Controls hängen. Das reicht von Hotels und Gastronomie über die Vermieter mehrerer Immobilien im Industriegebiet Massiefen bis hin zu Werkstätten, Einzelhandel und Freizeitanbietern.
Die Katerstimmung wird umso größer ausfallen, je schwieriger sich die Suche nach adäquaten Nachfolgern in den Gewerbegebäuden gestaltet. Denn 1900 Mitarbeiter, ob sie nun in Burscheid wohnen oder nicht, lassen in vielfältiger Weise Geld in der Stadt.
Burscheid, das kleine Burscheid als Sitz einer Europazentrale dieser Größenordnung. Das macht was her, das ist gut fürs Image. Doch beim Versuch zu beschreiben, was denn außer ein bisschen geschmeichelter Eitelkeit und regelmäßiger überregionaler Erwähnung des Ortsnamens wirklich positiv dabei für die Stadt herausspringt, wird es vage.
Eher gefühlt ist die Einschätzung, dass ein solcher Standort ein wirtschaftsfreundliches Klima erzeugt, ohne dass nachgewiesen wäre, ob sich auch nur ein einziger Wirtschaftstreibender in dieser Stadt vom Ruf des Weltkonzerns hat anlocken lassen.
Schmerzen wird auch der Fortgang eines großzügigen Sponsors. In der notorisch klammen Stadt war JC immer wieder öffentlichkeitswirksamer oder auch stiller Helfer für soziale, städtische und Vereinsprojekte sowie Veranstaltungen. Weitere fünf Jahre soll das noch so gehen, dann wird eine Lücke entstehen, die in der Größenordnung sicher nicht so schnell geschlossen wird.