Jusos kämpfen gegen die Groko

Auch in Burscheid stellen sich die jungen SPD-Mitglieder gegen die Neuauflage der Großen Koalition. Sie möchten der SPD wieder glaubwürdig machen.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. Die SPD liegt laut einer aktuellen Insa-Unfrage auf dem Rekordtief von 16,5 Prozent bei den Umfragewerten. Ein desolates Ergebnis für eine Partei, die aktuell in die Regierung strebt. Ein Teil der SPD möchte aber beides nicht — weder den Absturz so hinnehmen, noch in die Regierung. Die Jusos. Die Jungsozialisten.

Auch in Burscheid und dem Rheinisch-Bergischen Kreis setzen die Sozialdemokraten unter 35 auf das Nein zur Groko, das der Bundesvorsitzende Kevin Kühnert gerade gegen alle Widerstände verteidigt.

Heike Engels über die Personaldebatte in der SPD

So auch die Direktkandidatin für den Rheinisch Bergischen Kreis bei der vergangenen Landtagswahl, Heike Engels, und Wahab Perviz, der Vorsitzende der Jusos im Kreis. „Wir stehen mit den Bundesjusos“, sagt Perviz, „wir sind gegen die Groko.“ Er sagt, die SPD leide unter der Zusammenarbeit mit CDU/CSU. „Als Junior-Partner gehen wir unter“. Die SPD habe in den bisherigen Koalitionen wichtige Punkte nicht gegen die christdemokratischen Schwesterparteien durchsetzen können. Und auch im gerade ausgehandelten Koalitionsvertrag sei die SPD nicht gut weggekommen. „Statt die Zwei-Klassen-Medizin anzuschaffen, soll es eine Kommission geben, die das überprüft. So werden Veränderungen und Entscheidungen immer wieder vertagt. So ändert sich nichts“, kritisiert Perviz das Ergebnis.

Heike Engels sieht zwar viele Erfolge in dem gemeinsamen Papier für die SPD, möchte aber dennoch keine neue Groko im Bund. „Die Bürger waren nicht zufrieden mit der Groko“, das hätten die Wahlergebnisse gezeigt. „Viele sehen keinen Unterschied mehr zwischen SPD und CDU.“ Beide wollen deswegen den Neuanfang für die Partei, personell wie inhaltlich. Damit die Partei wieder an Glaubwürdigkeit gewinnt.

„Wir haben ein sehr starkes Glaubwürdigkeitsproblem“, diagnostiziert Engels der eigenen Partei Versagen nach der Wahl. Das Verhalten nach dem „Nein“ zu Groko von Martin Schulz habe der Partei nicht gutgetan, ebenso wenig wie die aktuelle Personaldebatte, die ebenfalls am Verhalten von Martin Schulz hängt. Der hatte erst verkündet unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kein Amt in der Regierung führen zu wollen, dann den Außenministerposten für sich veranschlagt und schließlich auf Druck der Partei das Vorhaben wieder aufgegeben. „Da fällt mir nichts mehr zu ein“, sagt Engels. Auch Perviz ärgert sich über die Personaldebatten. „Das lenkt von den Inhalten ab.“

Wahab Perviz, Juso-Vorsitzender im Kreis

Die Inhalte seien das, was die Sozialdemokraten aus Sicht der jungen Mitglieder jetzt wieder in den Mittelpunkt rücken sollten. „Wir müssen das Thema Umverteilung viel mehr in den Vordergrund rücken“, sagt Perviz. Engels unterstreicht das: „Wir stehen für soziale Politik.“ Das müsse die SPD jetzt wieder herausstellen und diese auch umsetzen. Die Personaldebatte überschatte das aber, sagt Engels.

Trotzdem sehen beide auch in Sachen Personal dringenden Erneuerungsbedarf. „Wir brauchen jüngere Politiker in Führungspositionen. Das habe ich schon in meinem Wahlkampf für den Landtag gesagt“, so Engels. Kevin Kühnert sei dafür ein gutes Beispiel, der in jungen Jahren schon gute Politik mache. Für einen solchen Generationswechsel müssten aber eben auch „sogenannte Spitzenpolitiker“ den Weg frei machen und ihre Positionen räumen. Perviz geht noch mehr ins Detail. Er möchte, dass der Parteivorstand jünger und weiblicher und mit Vertretern aus ganz Deutschland besetzt werde. Und anders als es sich jetzt bei Andrea Nahles abzeichnet, möchte der den Parteivorsitz nicht nur den Vorstand bestimmen lassen.

Dass die aktuelle Debatte der Partei auch kommunal schade, sehen beide nicht. „Die SPD, gerade in Burscheid, ist beinahe berühmt dafür, alle Meinungen der Mitglieder zu respektieren“, sagt Perviz. Engels sieht in der aktuellen Auseinandersetzung sogar eine Chance für die Partei. Die neuen Mitglieder seien ja auch gekommen, weil die Menschen sehen, dass man bei der SPD mitentscheiden und etwas bewegen könne.