Ausblick 100 zusätzliche Ateliers und Proberäume für Kölner Künstler
Köln · Seit Oktober ist der gebürtige Schweizer Stefan Charles Kulturdezernent in Köln. „Ich bin schon mittendrin in der Kulturszene und habe viele Gespräche geführt. Jetzt wollen wir gemeinsam auch erste Resultate erreichen.
Von vielen Seiten bekomme ich eine tolle Unterstützung. Die Begeisterung für Kultur in Köln ist groß. Ich freue mich auf die Arbeit in den kommenden Monaten und Jahren“, sagt der 54-Jährige gestern im Haus Sauer, dem künftigen Interim des Kölnischen Stadtmuseums an der Minoritenstraße. Dort stellte er seine längerfristigen Projekte und sein Jahresprogramm für 2022 vor.
Dazu zählt die Stärkung der freien Szene. „Diese ist in Köln sehr aktiv. Was aber fehlt, ist die Fläche für Künstler. Hier müssen wir ein Zeichen setzen und Künstlern die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit geben. In den kommenden zwei Jahren planen wir, 100 zusätzliche Ateliers und Proberäume zu schaffen. Mit einigen passenden Objekten laufen bereits die Verhandlungen. Geeignete Räume und Gebäude sind da, wir müssen diese jetzt nur noch für Künstler erschließen. Das bringt eine deutliche Stärkung des Kulturstandorts Köln mit sich.“ Wichtig sei es dabei, Kulturschaffenden eine nachhaltige Perspektive zu bieten. Dazu sei eine Strategie und ein Kulturraummanagement notwendig. Dazu werde dezernatsübergreifend eine kleine Stabsstelle eingerichtet, die sofort loslegen kann. „Es ist wichtig, das Projekt groß und langfristig anzulegen, aber trotzdem müssen wir jetzt direkt damit beginnen, auch innerstädtisch Platz für Künstler zu schaffen.“
Mehr Aufführungen und
Veranstaltungen beim Tanz
Deutlich gestärkt werden soll in Köln auch der Tanz. Zu den bislang gut 20 sollen 100 zusätzliche Aufführungen und Veranstaltungen dazukommen. „Wir müssen dem Tanz in Köln eine starke und verlässliche Perspektive bieten. Dazu gehört eine langfristige Kooperation der freien Szene mit den Bühnen der Stadt.“ Möglich sei eine eigene Compagnie bei den Bühnen. Dazu komme die Chance, das Depot in Mülheim nach der Rückkehr des Schauspiels an den Offenbachplatz für den Tanz zu nutzen. Man wolle sich beim Tanz so auch international positionieren. Einen Arbeitskreis zum Thema will Charles selbst leiten, um die Weichen bis 2024 zu stellen.
Die Kölner Museen nimmt der neue Kulturdezernent ebenfalls in den Fokus. „Es ist wichtig, diese mehr zu öffnen und sie so zu einem dritten Ort zu machen, für das Treffen und den Austausch von Menschen sowie für das Lernen und für die Kultur. Dazu wollen wir die Aufenthaltsqualität verbessern und frei zugängliche Bereiche wie den großen Vorraum im Museum Ludwig oder die Außenflächen zu Treffpunkten von Menschen in der Stadt machen. Museen haben in ihrer Gastgeberrolle die Pflicht, Menschen willkommen zu heißen.“ Insgesamt strebt Charles für die städtischen Museen, die bislang jährlich eine Million Gäste haben, bis 2024 ein Plus 100.000 Besuchern im Jahr an. Damit wolle man landes- und bundesweit eine Spitzenposition bei den Besucherfrequenzen einnehmen. Geplant sind hier auch systematische Umfragen unter den Besuchern, um mehr über deren Zufriedenheit und dem Erlebniswert der Museen zu erfahren.
Geplant ist zudem ein Verbund der Museen wie dem Römisch-Germanischen Museum, dem Kölnischen Stadtmuseum und dem neuen Museumsprojekt Miqua mit der archäologischen Zone und dem jüdischen Museum. Ziel sei es, die 2000-jährige Stadtgeschichte den Menschen besser zu präsentieren und Synergien zwischen den Häusern zu nutzen. Dazu gehörten beispielsweise ein großes Lernzentrum für verschiedene Häuser oder Kombitickets für die Besuche von mehreren Museen. Besonders im Fokus steht dabei die geplante Historische Mitte und die von ihr ausgehende Via Culturalis. „Köln hat so das Potenzial, als einzigartige Kulturmetropole deutlich mehr Besucher für die Museen zu bekommen“, betont Charles. Die sukzessive Umsetzung solle ab 2023 beginnen.
Ein weiteres Projekt in diesem Zusammenhang ist ein 50.000 Quadratmeter großes Zentraldepot für verschiedene städtische Museen am Rande der Stadt, das so attraktiv sein soll, dass es auch Besucher oder Wissenschaftler empfangen kann. Damit will man in den innerstädtischen Museen mehr Raum für Ausstellungen, die Wissensvermittlung und für Veranstaltungen schaffen. Mit diesem Projekt könne Köln bundesweit eine Pionierrolle bei der Sicherung und Pflege des kulturellen Erbes einnehmen. Bis 2023 soll ein Konzept für das Projekt fertiggestellt sein.
Im laufenden Jahr ist die Reorganisation des Kulturdezernats geplant, was dessen Arbeit beschleunigen und effektiver machen soll. Dazu gehört auch die Kooperation mit den Dezernaten für Bauen und für Liegenschaften. Zu den Projekten zählt zudem die Restitution der Benin-Bronzen im Rautenstrauch-Joest-Museum. Hier wird es einen Vertrag zur Eigentumsübertragung an Nigeria geben. „Das bedeutet einen Paradigmenwechsel und eine Positionierung Kölns im internationalen Diskurs. Hier werden wir mit anderen Häusern in Deutschland Geschichte schreiben“, ist sich Charles sicher.
In seiner heutigen Sitzung debattiert der Rat die langfristige, jährliche Förderung in Höhe von 970.000 Euro an die „Kölner Gesellschaft für alte Musik“ (Zamus) und den „ON – Neue Musik Köln e.V.“. Ziel dieses Betriebskostenzuschusses, der durch eine Landesförderung verdoppelt wird, ist es, das „Zentrum für Alte Musik“ an der Heliosstraße in Ehrenfeld um 1100 Quadratmeter zu einem internationalen Produktions- und Veranstaltungszentrum zu erweitern, wo die alte auf die neue Musik trifft. Inkludiert ist die Wiederinbetriebnahme der historischen WDR-Studios für elektronische Musik. Eine deutliche Stärkung soll außerdem die Kölner Jazzszene mit Leuchturmveranstaltungen wie dem „Deutschen Jazzpreis“ erfahren. Damit soll sich die Szene international positionieren können und so den gesamten Musikstandort Köln stärken.
Deutliche Fortschritte gibt es im ehemaligen Modehaus Sauer, wo noch in diesem Jahr das Interim für das Kölnische Stadtmuseum eröffnen wird. Schon im April ist dort eine erste, kleinere Ausstellung geplant. „Damit sichern wir das kulturelle Angebot, bis zur Fertigstellung des Neubaus in der Historischen Mitte und sorgen für die dauerhafte Sichtbarkeit der Stadtgeschichte. Wir können hier wie in einem Labor Erfahrungen sammeln. Dieser Ort mitten in der Innenstadt mit seinen vielen Passanten ist ideal, um die Kultur zu den Menschen zu bringen.“