August Sanders unbeugsamer Sohn

NS-Dok zeigt bis zum 31. Januar Sonderausstellung über den Widerstandskämpfer Erich Sander.

Foto: Eppinger

Köln. Wie groß der Schmerz beim Verlust des geliebten Sohnes war, zeigt die altarähnliche Anordnung der Bilder, die der Kölner Fotograf August Sander über seinem Schreibtisch platziert hatte. Auch dessen Totenmaske ist zu sehen. Gestorben war Erich Sander 1944 kurz bevor er seine zehnjährige Haftstrafe im Zuchthaus Siegburg abgebüßt hatte. Wegen der „Vorbereitung zum Hochverrat“ war er vom Oberlandesgericht Hamm 1935 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden — eine extrem harte Strafe für die damalige Zeit.

Eine Ausstellung im NS-Dok erinnert an das Leben von Erich Sander und seiner Familie. Als Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Partei Deutschland (SAPD) sowie der KPD und der KPO beteiligte sich der Kölner aktiv am Widerstand gegen das NS-Regime. Schon im Haus seines Vaters an der Dürener Straße lernte der junge Fotograf regimekritische, linke Künstler kennen. Auch August Sander hatte sich durch die Erfahrungen im Ersten Weltkrieg vom Patrioten zum kritisch denkenden Linken gewandelt.

Maßgeblich unterstützt wurde das NS-Dok bei der Schau und dem dazugehörenden Katalog von Gerd Sander, dem Neffen von Erich und dem Enkel von August Sander. Erstmals in Kontakt kommt er mit seinem Onkel 1945, als er den Großvater im Westerwald besucht. „Bis dahin kannte ich Erich nur von Bildern. Dann habe ich in den Unterhaltungen meiner Großeltern mehr über ihn erfahren“, erinnert sich der 1940 geborene Gerd Sander, der in die USA ausgewandert ist und dort als Galerist gearbeitet hatte.

Später wird ihm ein Bild seines Großvaters angeboten, das allerdings, wie er später von seinem Vater erfährt, eigentlich von Erich Sander stammte. Noch tiefer taucht er in die Welt seines Onkels ein, als er den Nachlass seines Vater nach dessen Tod ordnet. Damals tauchen auch viele Gefängnisbriefe auf, die Gerd Sander transkribieren lässt. Diese sollen im Frühjahr in einem Band veröffentlicht werden.

Die Ausstellung selbst ist in fünf Bereiche unterteilt: Der erste beschäftigt sich mit der Familie Sander und zeigt auch die Landschaftsaufnahmen, die Erich für seinen Vater gemacht hatte. Der zweite Bereich stellt die politischen Aktivitäten des Schülers und Studenten vor. Darunter sind auch die politischen Zeugnisse, die seine Vater trotz des Risikos,von den Nazis entdeckt zu werden, aufbewahrt hat.

Der dritte Bereich hat die Verhaftung im Elternhaus und die Verurteilung zum Thema. Gezeigt wird auch ein Artikel einer norwegischen Zeitung über den Prozess, verfasst wohl vom späteren Bundeskanzler Willy Brandt. Im vierten Bereich geht es um Sanders Leben im Zuchthaus Siegburg, wo er unter anderem als Gefängnisfotograf arbeitet und diese Gelegenheit nutzt, um den Alltag hinter Gittern zu dokumentieren. Dazu dienten neben Fotografien auch die Briefe, die er zu seinen Eltern schmuggeln ließ. Die Schau endet im Gewölbe mit Sanders Totenmaske und der intensiven Trauerarbeit seines Vaters.

Ausstellung: Die Schau „August Sanders unbeugsamer Sohn“ läuft bis zum 23. Januar im NS-Dok am Appellhofplatz 23-25. Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18, Sa-So 11-18 Uhr. Der Begleitkatalog kostet im Museum 19 Euro.

www.nsdok.de