Serie Der Klassiker unter den Kölner Bars
Köln · Mitte der 1870er Jahre entstand im Excelsior Hotel Ernst die Piano Bar. In ihrem Charme ist diese bis heute unverändert geblieben.
Wer die Piano Bar im Excelsior Hotel Ernst direkt gegenüber des Doms betritt, fühlt sich wie in einer anderen Welt. Gerade hat man noch draußen die Hektik der Großstadt mit ihrem lauten Verkehr und den Menschenmassen, die vom Hauptbahnhof in Richtung City ziehen, voll zu spüren bekommen. Jetzt blickt der Gast auf einen mit dunklem Mahagoni vertäfelten Raum mit indirektem Licht und den so bequemen wie eleganten Sitzecken. Sanfte Pianoklänge dringen an das Ohr und lassen das Gefühl einer Oase der Ruhe aufkommen. Der Stress des Tages fällt hier schnell ab.
Die Hotelbar zählt definitiv zu den Klassikern in Köln – auch schon deshalb, weil sie sich seit den 1870er Jahren in ihrem Charakter und ihrem Charme kaum verändert hat. Und das, obwohl es immer wieder Generalsanierungen gab, die auch dafür gesorgt haben, dass alles immer auf dem neuesten Stand der Technik und des Komforts bleibt. Dazu gehört zum Beispiel der Dom-Perignon-Schank mit alten Jahrgängen und Sondereditionen des edlen Champagners.
Viele Drinks und Cocktails
sind echte Klassiker
Das Sagen an der Bar hat seit drei Jahren Matthias Allgaier, der Barmanager. „Hier kommt man an wie in vergangenen Zeiten und vergisst dabei die Zeit“, sagt Allgaier. Klassiker sind auch viele der Drinks, die in ihrer Zubereitung bis heute unverändert geblieben sind und so an die Anfänge der Cocktailkultur um 1800 erinnern. Gefeiert wird seit dem vergangenen Jahr in der Bar der „Repeal Day“, mit dem an das Ende der amerikanischen Prohibition am 5. Dezember 1933 gedacht wird. Er wird auch jetzt am 5. Dezember wieder mit klassischen Drinks und Livemusik begangen.
„Unser Fokus liegt bei den klassisch, ursprünglichen Rezepturen. Manches interpretieren wir aber auch neu. Neu ist zum Beispiel, dass wir fertige Cocktails in Fässern lagern und nach einer bestimmten Zeit abfüllen. Es ist spannend wie die Fasslagerung ihren Charakter verändert. Dazu kommen individual aromatisierte Spirituosen und selbst gemachte Sirups.“ Dazu zählt der „Grandma’s Recipe“, mit dem Allgaier bei der Diageo World Class Competition angetreten ist. Er besteht aus mit Hummer-aromatisiertem Isle of Skye Whisky, Verjus von der Rieslingtraube, mit Liebstöckel aromatisierter Wermut und Granny Smith-Musocvado-Schaum.
„Die Bar ist sehr vielfältig. Sie hat jeden Tag offen: morgens gibt es hier häufig Geschäftstermine, mittags nimmt man hier gerne einen Aperetif, bevor es ins Restaurant geht, nachmittags steht der klassische Afternoon-Tee auf dem Programm, abends kommt dann wieder der Aperetif vor dem Essen und zu späterer Stunde rücken die Cocktails in den Mittelpunkt“, berichtet der Barmanager.
Etwa 40 verschiedene Cocktails finden sich auf der Karte. „Wichtiger ist aber die individuelle Beratung und Zubereitung. Wir fragen dann nach der Hauptspirituose und der grundsätzlichen Geschmacksrichtung. Darauf bauen wir den genau auf den Gast abgestimmten Cocktail auf. Und der lässt sich auch gerne mal von uns überraschen. Der Qualitätsanspruch an der Bar ist deutlich gestiegen, man will keine Drinks von der Stange, sondern will mit einem Erlebnis nach Hause gehen. Wir sind hier die flüssigen Köche, die auch Kräuter, Blumen oder Wurzeln für ihre Rezepturen verwenden.“
Diesen Cocktail mochte
schon Mark Twain
So mancher klassische Cocktail verfügt über seine ganz eigene Geschichte wie der „Clover Club“ von 1892, der seinen eigenen Trinkspruch hat. Dieser wurde in einer Hotelbar in Philadelphia erfunden. Der Club war ein Treffpunkt von Politikern, Industriellen und Künstlern. Auch Schriftsteller Mark Twain gehörte ihm an. Der „Clover Club“ besteht aus Gin, Zitrone, Himbeerpüree, Eiweiß und Süße. „Er sieht mit seiner roten Farbe und der weißen Schaumkrone wunderschön aus.“
Zur Bar gehört auch ein Raucherbereich, der vor allem von Zigarren-Liebhabern gerne genutzt wird. Hier geht es dann auch mal um den passenden Cocktail zur Zigarre. Ein wichtiges Thema sind heute alkoholfreie Drinks und Cocktails. „Das gilt insbesondere für die junge Generation, die dabei aber nicht auf den Geschmack verzichten möchte. So haben selbst Brennereien alkoholfreie Angebote.“ Dazu kommt die immer größer werdenden Vielfalt bei einzelnen Getränken. „Früher gab es zwei bis drei Gins und ein Tonic. Heute sind es 100 Gins und sehr viele unterschiedliche Tonic-Varianten.“
Matthias Allgaier selbst hat zunächst eine Ausbildung als Hotelfachmann durchlaufen. „Die klassische Ausbildung zum Bartender gibt es nicht. Meist steigt man als Hotel- oder Restaurant-Fachmann ein. Bei mir ist das Interesse für den Barbereich während meiner Station in der Traube Tonbach entstanden. Da habe ich die Begeisterung der Gäste beim Barbesuch erlebt. Das hat mich geprägt. Danach habe ich mich mit vielen Büchern in das sehr komplexe Thema eingelesen.“ Weitere Stationen für Allgaier sind unter anderem die Sommerinsel Mallorca, das Winterparadies Arosa in der Schweiz und das Kameha Hotel in Bonn. Dazu kommt unter anderem ein Studium als Hotelmanager, bevor Allgaier im Excelsior die Bar übernimmt.
Für private Barfans hat der Profi einige Tipps parat. „Das wichtigste ist bei den klassischen Drinks, auf die Qualität der Spirituose zu achten. Ein gutes Grundprodukt ist hier entscheidend, da es einen sehr großen Volumenanteil am Cocktail hat. Man kann aber auch mit verschiedenen Spirituosen und Aromen, den Charakter immer wieder verändern, was auch reizvoll ist. Da gibt es dann von einem Drink schnell 100 Varianten.“
Bei der Ausrüstung empfiehlt Allgaier ein Rührglas mit dem speziellen Rührlöffel und dem Cocktailsieb sowie klassische Dinge wie zum Beispiel ein Zestenschneider. Auch beim Eis gibt es Varianten wie zum Beispiel bei den Eiskugeln, die nur wenig Schmelzwasser erzeugen. Beim Shaker empfielt der Profi die dreiteilige Variante inklusive Sieb.