Vorschau Die eigene Sammlung steht im Mittelpunkt

Köln · Acht große Sonderausstellungen wird es im kommenden Jahr im Museum Ludwig geben.

Nil Yalter präsentiert im kommenden Jahr ihre Ausstellung „Exile is a hard Job“ im Museum Ludwig.

Foto: Museum Ludwig/henning krause

Das Museum Ludwig kann auf ein erfolgreiches Ausstellungsjahr zurückblicken – gerade läuft noch die Schau zu Gabriele Münter. Im kommenden Jahr wird es acht Sonderschauen geben – diese werden mit der eigenen Sammlung in Verbindung gebracht und zeigen deren Stärken und Lücken. Der Bestand wird auch 2019 weiter ergänzt und erweitert.

Los geht es am 19. Januar mit der Schau „Hochney/Hamilton. Expanded Graphics“, die bis zum 14. April läuft. Kunstvermittelnde Filme können Kunst verkleinern und banalisieren, sie können sie aber auch erweitern und vergrößern – wie die ersten Filme des britischen Kunstfilm-Pioniers James Scott. Das Museum Ludwig bringt sie in Dialog mit den Werken, von denen sie handeln: David Hockneys Illustrations for Fourteen Poems by C.P. Cavafy und Arbeiten von Richard Hamilton. Hockneys Zyklus haben die Kölner Sammler Herbert Meyer-Ellinger und Christoph Vowinckel dem Museum 2016 geschenkt. Jetzt ist er zum ersten Mal ausgestellt, zusammen mit dem Sammlungsbestand an Papierarbeiten von Hockney und Hamilton, ergänzt um Leihgaben aus Privatbesitz.

Weiter geht es mit der Ausstellung „Nil Yalter. Exile is a hard Job“ (9. März bis 2. Juni). Seit den 70er Jahren arbeitet Yalter als Pionierin einer gesellschaftlich engagierten und technisch avancierten Kunst. Als eine der ersten Künstlerinnen in Frankreich nutzt sie das neu aufkommende Medium Video. Yalter ist 1938 in Kairo geboren, aufgewachsen in Istanbul und seit 1965 wohnhaft in Paris. Mit der weltweit ersten Überblicksausstellung der Künstlerin präsentiert das Museum Ludwig die Vielfalt ihres Schaffens: darunter bislang kaum bekannte Gemälde aus ihrem Frühwerk sowie Videoinstallationen der frühen 70er Jahre bis hin zu Multimedia-Installationen. Die Ausstellung will den Weg ihrer engagierten Ästhetik nachzeichnen. Erstmalig werden die kaum gezeigten Gemälde ihres Frühwerks zusammengebracht mit ihrer Hinwendung zu politischen Themen, die sich zeichnerisch und multimedial äußert.

2019 wird die brasilianische Künstlerin Jac Leirner mit dem Wolfgang-Hahn-Preis ausgezeichnet. Ihre Werke sind vom 10. April bis zum 21. Juli zu sehen. Die brasilianische Künstlerin verfolgt mit ihrer Arbeit seit vielen Jahren eine subtile Analyse von Gesellschafts- und Repräsentationssystemen. Eine wichtige Rolle spielen dabei gefundene, oft industriell hergestellte Alltagsobjekte, aus denen sie nach den Prinzipien des Sammelns, Akkumulierens und Klassifizierens, Installationen, Collagen und Skulpturen schafft. Leirners Werk Museum Bags wird von der Gesellschaft für Moderne Kunst anlässlich der Verleihung des Preises für die Sammlung des Museums erworben und im Kontext der ständigen Sammlung präsentiert.

International agierende Künstler entdecken Kölner Archive – das ist die Idee des Residency-Programms Artist Meets Archive der Photoszene Köln im Rahmen der Photoszene-Festivals. Als Kooperationspartner laden sechs Institutionen je einen Künstler ein, aus der Sammlung heraus ein Projekt zu entwickeln. Diese sind neben dem Museum Ludwig das Kölnische Stadtmuseum, das Museum für Angewandte Kunst Köln, das RautenstrauchJoest-Museum, das Rheinische Bildarchiv Köln und die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur. Im Museum Ludwig arbeitet die Fotografin, Videokünstlerin und Filmemacherin Fiona Tan (4. Mai bis 11. August) mit dem Archiv der Agfa-Werbeabteilung, das in Kisten verpackt seit 40 Jahren im Depot schlummerte.

Die Ausstellung „Familienbande. Die Schenkung Schröder“ (13. Juli bis 29. September) zeigt die eigenwillige und sinnliche Seite der Kunst der 90er und 2000er Jahre. In dieser Zeit formiert sich in Köln eine neue Kunstszene: Junge Galerien wie jene von Christian Nagel eröffnen, die Zeitschrift Texte zur Kunst wird gegründet und ein Künstlerkollektiv betreibt den alternativen Ausstellungsraum Friesenwall 120. Das Rheinland entwickelt sich – im Austausch mit New York – zum intellektuellen Zentrum.

Unter dem Titel „Transcorporealities“ (21. September bis 19. Januar) widmet sich die fünfte Ausstellung der Reihe „Hier und Jetzt“ der Komplexität von Körperlichkeit. Neue materialistische und posthumanistische Theorien gehen davon aus, dass alle Körper poröse, offene Systeme sind, die sich im ständigen Austausch mit anderen Körpern und ihrer Umwelt gegenseitig durchdringen und ineinanderfließen. Diese Idee der „Transkorporalität“ ließe sich auch auf das Museum anwenden. In diesem Sinne aktiviert die Ausstellung einen Transitraum: das Eingangsfoyer des Museums. Rund um eine Bühne für Performance, Tanz, künstlerische Forschung, Diskussion und Dialog verwandeln die eingeladenen jungen internationalen Künstler sowie Organisationen und Initiativen das Foyer in einen flexiblen Ausstellungsraum.

Der US-amerikanische Künstler Wade Guyton hat über gut zwei Jahrzehnte ein so konzeptuell konsequentes wie erfrischend eigensinniges Werk geschaffen. Bekannt ist er vor allem für seine mit einem herkömmlichen Tintenstrahldrucker hergestellten großformatigen Leinwandbilder mit ikonischen Motiven wie Flammen, den Buchstaben „X“ und „U“ oder der Website der New York Times. Nachdem das Museum Ludwig bereits mehrere Werke des Künstlers für die Sammlung ankaufen konnte, richtet es ihm 2019 eine große Überblicksausstellung (16. November bis 1. März) aus.

Für die zweite Ausgabe der Projektreihe Schultze Projects wird die Künstlerin Avery Singer ein neues, ortsspezifisches Werk für das Treppenhaus des Museum Ludwig entwerfen (ab dem 11. Oktober). Es umfasst insgesamt sechs Panele, vier mal 20 Meter. Der Name der Reihe bezieht sich auf Bernard Schultze und seine Ehefrau Ursula, deren Nachlass das Museum Ludwig verwaltet und zu deren Gedenken seit 2017 alle zwei Jahre ein Künstler eingeladen wird, ein großformatiges Werk für das Treppenhaus anzufertigen.