Serie Ein Künstlerpaar und sein Museum
Köln · Es gibt nicht viele Züge, die direkt in ein Museum fahren. Beim RB 26 ist dies bei dessen Fahrt vom Kölner Hauptbahnhof der Fall. Binnen 45 Minuten kommt der Reisende von der Großstadt zum eher beschaulichen Rolandseck.
Vom Bahnsteig sind es nur wenige Schritte, bis der Besucher vor dem imposanten Bahnhofsgebäude mit dem 2007 eröffneten Arp-Museum steht.
Früher waren es die wohlhabenden Familien aus Köln und Bonn, die bequem mit der Bahn von ihrem Unternehmen zu ihren Wochenendvillen in Rolandseck gelangen wollten. Der beliebte Ort der Sommerfrische entwickelte sich zum „Rheinischen Nizza“ und machte die Gegend zu einer der reichsten in der Preußischen Reichsprovinz.
Es waren aber nicht nur die Reichen, die an diesen Ort kamen, über dem der Rolandsbogen wie ein Wahrzeichen zu sehen ist. Die Rheinromanik machte das Rolandseck zum Sehnsuchtsort und zog die Besuchermassen aus Köln und Bonn in den Süden. Dort, wo heute die große Bundesstraße am Rheinufer verläuft, entstanden zahlreiche Hotels, mit der einmaligen Aussicht auf den großen Fluss und seine beiden Inseln Nonnenwerth und Grafenwerth.
Mit der ersten Bahnstrecke direkt am Rhein begab sich die Bonn-Cölner Eisenbahn-Gesellschaft in die direkte Konkurrenz zur Dampf-Schifffahrt und brachte ab 1855 die Reisenden zum Ort mit dem perfekten Blick aufs Siebengebirge mit seinem Drachenfels. Der Bahnhof Rolandseck stammt vom Baumeister Emil Hermann Hartwich, der mit dem großen Gebäude zwischen 1856 und 1858 ein Kulturdenkmal schuf.
Dort, wo sich heute im Obergeschoss das Bistro Interieur No. 253 mit seiner Außenterrasse befindet, wurden die Wartesäle der ersten und zweiten Klasse platziert. In der darunter liegenden Etage auf der Bahnsteigebene, die vom Museum genutzt wird, war Platz für die Passagiere der dritten und vierten Klasse. Ursprünglich endete die Bahnstrecke am Rolandseck mit der Umsteigestation für die Rheinschifffahrt. Später wurde die Strecke südlich bis Koblenz weitergeführt.
Bekannte Persönlichkeiten wie Königin Viktoria von England, Kaiser Wilhelm II., Otto von Bismarck, Ludwig Uhland, die Gebrüder Grimm und Friedrich Nietzsche gehörten zu den Gästen. Johannes Brahms, Clara Schumann und Franz Liszt gaben im Bahnhofsgebäude Konzerte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof nicht mehr bewirtschaftet und sollte abgerissen werden. Verhindert hat das der Bonner Kunsthändler Johannes Wasmuth, der den Ort zu einem Kunst- und Kulturzentrum machte. Er wollte Malern, Bildhauern, Musikern, Komponisten, Dichtern und Filmemachern im Bahnhof einen Arbeits- und Wohnort bieten.
Die Künstler setzten sich für den Erhalt des Gebäudes ein – das galt auch für den berühmten Pantomimen Marcel Marceau, der 1969 ein Manifest verfasste und es dem damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Helmut Kohl, überreichte. Wieder begann im Süden der Bundeshauptstadt Bonn eine Glanzzeit des Bahnhofs.
Prominente Gäste waren neben den Politikern aus Bonn Künstler wie Heinz Mack, Günther Uecker, die Menuhins, Karlheinz Stockhausen, Oskar Kokoschka oder Martin Walser. Auch der Dalai Lama und das japanische Kaiserpaar wurden in Rolandseck empfangen. Heute noch erhalten sind Wandmalereien des britischen Künstlers Stephen McKenna in den Toilettenräumen des Bahnhofs.
Das heutige Arp-Museum entstand zunächst im Bahnhofsgebäude. Später wurde der Neubau nach den Plänen des US-Stararchitekten Richard Meier realisiert, der 2007 unter anderem in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel feierlich eröffnet wurde.
Durch den Eingang im Untergeschoss des Bahnhofs gelangt man ins Museum. Ein Tunnel führt unter den Bahngleisen zum Pavillon, wo ein weiterer Tunnel und ein imposanter Aufzug hoch zum lichtdurchfluteten Neubau mit den drei Geschossen führt, der mitten in die Natur eingebettet wurde. Im zweiten Tunnel begegnet der Besucher der Lichtskulptur „Kaa, die Schlange“ von Barbara Trautmann. Auf einer Etage im Neubau ist Platz für Wechselausstellungen wie aktuell die von Berlinde de Bruyckere „Pel / Becoming the Figure“.
Die oberste Etage ist der Kunst von Hans Arp und seiner Frau Sophie Taeuber-Arp gewidmet, die in wechselnden Ausstellungen wie aktuell bei „Unwesen und Treiben“ immer wieder neu in Szene gesetzt wird. Auch der Pavillon wird für Schauen genutzt – aktuell ist dort „Das sind meine modernen Frauen – tausche Monet gegen Modersohn-Becker“ zu sehen.
Der deutsch-französische Maler, Bildhauer und Lyriker Hans Arp (1886-1966) war einer der Vorreiter des Dadaismus. Er zog 1919 nach Köln und schloss Freundschaft mit den Künstlern Max Ernst und Johannes Theodor Bargeld, mit denen er den Kölner Dadaismus gründete. 1926 verließen er und seine Frau Köln in Richtung Straßburg.
Wer zum Rolandseck kommt, sollte auch vom Rheinufer vorbei am Denkmal für den Dichter Ferdinand Freiligrath zum Rolandsbogen hinaufsteigen. Dieser ist Teil der Ruine der Burg Rolandseck, die auf einem Basaltfelsen liegt und die 1122 durch den damaligen Kölner Erzbischof Friedrich I. erbaut wurde. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg zerstört und blieb danach nur als Ruine bestehen. Um den Berg rankt die berühmte Rolandssage. Seit 1929 gibt es am Rolandsbogen ein Restaurant, das über einen einmaligen Blick über das Rheintal verfügt. Ruhetage sind Montag und Dienstag.