Internet „Gaming“ kommt auf den Stundenplan
Köln · Für viele Kinder und Jugendliche gehören das Smartphone unterwegs oder die Spielkonsole zu Hause schon längst zu den ständigen Begleitern im Alltag. Dabei werden auch regelmäßig die digitalen Spielangebote genutzt.
Das bringt durchaus Gefahren und Risiken mit sich, weil auch das digitale Spielen süchtig machen kann und die eigenen Daten bei Hackerangriffen und Betrügereien in Gefahr geraten.
Auf die Risiken und Chance im Internet will das von der Bildungsinitiative BG3000 für Schulen entwickelte „Smart Camps“ die junge Zielgruppe aufmerksam machen. Es dauert drei Tage und wird von Experten und auch von Promis aus der digitalen Welt als Referenten unterstützt.
Schüler können selbst in der digitalen Welt kreativ werden
Zunächst gibt es einen theoretischen Teil, bei dem die Schüler zum Beispiel erfahren, wie ein Passwort wirklich sicher ist oder wie Algorithmen im Internet funktionieren. Danach folgen Workshops, bei denen zum Beispiel selbst Spiele entwickelt werden können und bei denen es auch Infos zu den neuesten Trends bei Youtube oder Instagram gibt. Beim „Smart Camp“ geht es immer auch um das Internet als Wirtschaftsraum, das kreativen jungen Menschen berufliche Chancen bieten kann.
Das für die Schulen, auch dank der Kooperation mit dem Lotterieanbieter Westlotto und dem TÜV Rheinland, kostenlose Angebot richtet sich an Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 11 in allen weiterführenden Schulformen. Das „Smart Camp“ kann verschiedene Module enthalten, die je nach dem Bedarf der Schule und dem Alter der Schüler zusammengestellt werden.
In dieser Woche ist das „Smart Camp“ an der Ursula-Kuhr-Schule in Heimersdorf zu Gast. In der Hauptschule gehen auch viele Schüler aus sozialen Brennpunkten wie Chorweiler oder Bocklemünd in den Unterricht. In den Workshops sitzen in dieser Woche etwa 70 Schüler der Jahrgangsstufe 9.
„Das Gaming hat einen hohen Stellenwert in der Welt, in der die Jugendlichen leben. Bei einer Befragung haben ein Drittel der Schüler gesagt, dass sie sich im gefährlichen Bereich des Spielens befinden. Da kämpfen wir mit einem riesigen Problem und keiner weiß, wie sich das gesellschaftlich noch auswirken wird. Wir versuchen, dem mit Aufklärung und Prävention zu begegnen. So gibt es für jüngere Schüler zum Beispiel den Handyführerschein“, berichtet Schulleiter Thomas Knobloch.
An seiner Schule ist das „Smart Camp“ für die Schüler bereits zum zweiten Mal zu Gast. Ein weiteres Camp hab es in Heimersdorf für die Lehrer. „Leute, die von außen kommen, werden von den Schülern ganz anders wahrgenommen und haben einen besonderen Stellenwert. Es ist wichtig, so unsere Schüler darin zu stärken, einen bewussten Umgang mit digitalen Medien zu entwickeln, sodass sie Chancen und Risiken im Netz eigenständig erkennen können.“
Schirmherr des Bildungsprojekts ist der Landtagsabgeordnete Florian Braun (CDU), der auch den Vorsitz beim Ausschuss für Schule und Bildung innehat: „Das ist ein Projekt, das bei den Schülern gut ankommt. Es geht zum Beispiel um Aufklärung bei Datenschutz und Algorithmen, die im Internet benutzt werden. Bekannte Gesichter aus dem Netz gehen anders an das Thema heran und können so jungen Menschen etwas mit auf ihren Weg geben. Es geht auch um Risiken wie die Spielsucht, aber auch um die Chancen, die dieser riesige Markt für junge Menschen bietet. Sie sollen sicher im Netz unterwegs sein und dieses auch selbst kreativ gestalten.“
Junge Menschen kommen im Netz mit dem Glücksspiel in Berührung
Der Kooperationspartner Westlotto ist vom Projekt überzeugt: „Das Glücksspiel verlagert sich immer mehr in die digitale Welt. Jugendliche werden schon früh im Internet mit einer Vielzahl von Glücksspielangeboten konfrontiert. Viele davon kommen scheinbar harmlos verpackt in Games daher, sind aber häufig mehr als eine Taschengeldfalle. Mit den Smart Camps gehen wir neue Wege. Verbote nützen wenig, wir setzen auf Aufklärung, Information und Medienkompetenz“, sagt Unternehmenssprecher Axel Weber.
Aktuell beschäftigt man sich bei BG3000 mit der Ausweitung des eigenen Angebots. Dazu gehören spezielle Camps für Eltern. Überlegt wird zudem, ob man die Camp-Inhalte mittels einer digitalen Fernuniversität als feste Bestandteile in den Schulunterricht integrieren kann, um so den Schülern dauerhaft Informationen zu bieten.
Bei den Referenten will man unter anderem auch auf professionelle Gamer setzen, die als Vorbilder den Schülern zum Beispiel ihr Zeitmanagement für die Nutzung von digitalen Medien und den Ausgleich zum Beispiel durch Sport erklären. Dazu kommen Betroffene von Spielsucht, die den jungen Menschen ihre Lebensgeschichte erzählen.
Gut angekommen ist der erste Tag bei den Schülern Tim (14) und Leon (15): „Das hat uns gut gefallen und hat auch Spaß gemacht. Gerade haben wir erfahren, wie man ein Passwort wirklich sicher macht“, sagt Tim, der nach der Schule und den Hausaufgaben regelmäßig für mehrere Stunden ein seiner Spielkonsole sitzt und dabei auch schon negative Erfahrungen mit Betrügern im Internet gemacht hat. „Da war ich mit elf oder zwölf noch etwas naiv. Zum Glück war der Schaden nicht allzu groß.“
Leon spielt am Smartphone und zu Hause an der X-Box täglich bis zu acht Stunden, findet aber auch den analogen sportlichen Ausgleich zum Beispiel beim Tanzen. „Wir haben heute gelernt, wie man im Internet seine Daten und seinen Account besser schützen kann. Auch ich bin einmal fast auf so ein Gewinnspiel hereingefallen. Zum Glück ist aber nichts passiert.“