Sie sind im April in der Kölner Philharmonie. Damit kehren Sie in die Stadt zurück, in der für Sie beruflich alles begonnen hat.
Interview „Ich habe immer konsequent gelebt“
Köln · „Hast Du jemals etwas so schön zusammenkrachen sehen?“ Dieses Zitat aus „Alexis Sorbas“ von Nikos Kazantzakis zählt zweifellos zu den berühmtesten Sätzen der Literatur- und Filmgeschichte.
Der „Sirtaki“ (Zorba‘s Dance) des Komponisten Mikis Theodorakis wurde zum Welthit. Auf Grundlage des Romans, der auch als Film zum Klassiker wurde, hat der Regisseur Martin Mühleis ein modernes Melodrama geschaffen, und eine Paraderolle für Miroslav Nemec, den „Tatort“-Kommissar und zweifachen Grimme-Preisträger. Mit großer Leidenschaft erweckt dieser den Schelmenromanhelden und lebenshungrigen Griechen in dem durchkomponierten Bühnenstück „Alexis Sorbas“ zum Leben. Getragen von den griechischen Klängen des fünfköpfigen „Orchístra Laskarina“ will er das Publikum am 10. April in der Kölner Philharmonie in seinen Bann ziehen. Wir haben mit Nemec über das Stück und seine Anfänge als Schauspieler in Köln gesprochen.
Miroslav Nemec: Das stimmt, beim Schauspiel Köln hatte ich mein erstes Theaterengagement. Damals waren Hansgünther Heyme und später Jürgen Flimm die Intendanten am Offenbachplatz. Ich war zwischen 1977 und 1980 für drei Spielzeiten in Köln. Damals habe ich Burghart Klaußner als Kollegen kennengelernt, mit dem ich gerade einen Tatort gedreht habe. In Köln standen wir im „Faust“ gemeinsam auf der Bühne. Zum Ensemble gehörte auch der damals noch nicht ganz so bekannte Herbert Grönemeyer. Bei ihm war ich oft zu Hause und er hat mir seine neuesten Schallplatten vorgespielt. Irgendwann hat er mich angerufen, ob ich zum Vorsprechen mit nach München kommen kann, es gehe um irgendein U-Boot. Ich hatte leider keine Zeit. Das habe ich bereut, als „Das Boot“ dann in die Kinos kam.
Welche Erfahrung haben Sie mit Köln als Stadt gemacht?
Nemec: Ich bin von der Schauspielschule in Zürich zu meinem ersten Engagement nach Köln gekommen und das auch noch mit frischem Liebeskummer. In Köln war alles anders – die Architektur genauso wie die Mentalität der Menschen. Aber ich mochte die Art der Leute, ihr kumpelhaftes, gesprächiges und direktes Miteinander. Das kannte ich so aus meiner alten Heimat im früheren Jugoslawien. Ich habe in der Südstadt gelebt und war oft im Volksgarten oder auf dem Chlodwigplatz. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Ich bin zu Weihnachten in die Stadt gekommen und war zunächst noch ziemlich alleine. Aber die Kollegen in Köln haben mich aufgefangen und ich wurde oft eingeladen. Das war schon eine prägende Zeit.
Und jetzt kehren Sie mit „Alexis Sorbas“ in die Kölner Philharmonie zurück.
Nemec: Das ist ein Ort in Köln, den ich bislang noch nicht kenne. Aber ich bin schon sehr gespannt darauf. In so einem großen Haus auftreten zu können, ist für mich eine Ehre.
Wie ist die Idee entstanden, „Alexis Sorbas“ auf die Bühne zu bringen?
Nemec: Ich hatte schon länger mit dem Regisseur Martin Mühleis zusammengearbeitet. Mit ihm haben mein Tatort-Kollege Udo Wachtveitl und ich bereits mehrfach die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens auf die Bühne gebracht. Dann hatte er mich für eine Alexis-Sorbas-Lesung eingeladen. Daraus ist die Idee entstanden, das Literarische mit einer eigens dafür komponierten Musik und einem kleinen Live-Orchester zu verbinden. Das hat gut funktioniert und inzwischen sind wir schon mehrere Jahre damit unterwegs. Ich mag diese Rolle sehr.
Wie gut kannten Sie den Roman und den Film vor diesem Projekt?
Nemec: Ich habe natürlich den Film mit der Musik von Mikis Theodorakis gesehen und kannte auch das sozialkritische Buch von Nicos Kazantzakis, das mich ein wenig an meine Jugend im früheren Jugoslawien erinnert hat. Mir gefällt, wie er die Figur des Sorbas erzählt. Er ist ein Freigeist, aber kein trockener Weltverbesserer. Er ist vielmehr ein echter Lebemann, der sich gehen lassen und der auch feiern kann. Das liegt mir sehr. Es gibt das alte Lebensprinzip „Entweder man lebt oder man ist konsequent“ – ich glaube, ich habe immer konsequent gelebt. (Lacht) Ihm gegenüber steht der Intellektuelle, der immer dreimal darüber nachdenkt, bevor er endlich handelt. Er ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte. Der Roman hat autobiografische Züge und der Autor hat den echten Sorbas in der Zeit des Ersten Weltkrieges kennengelernt. Geschrieben hat er sein Buch aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1946.
Was reizt Sie persönlich an dem Stück?
Nemec: Das ist hervorragende Literatur. Mit dieser Mischung aus mediterranem Flair und ernsthaften Themen, gelingt es, auch die Menschen von heute einzufangen. Er ist nicht belehrend, sondern macht einen Abend lang Lust auf das Leben. Es ist ein sinnliches Theaterstück, das das Publikum mit auf eine Reise nimmt.
Welche Bedeutung hat ein Alexis Sorbas in der heutigen Zeit?
Nemec: Wir erleben aktuell schwierige Zeiten mit Krieg, Pandemie und Inflation. Trotzdem beginnen die Leute zum Beispiel wieder mit dem Reisen. Das ist für mich eine gute, lebensbejahende Haltung. Natürlich darf das nicht blind und kritiklos geschehen. Aber wenn man bereit ist, seine Lebensfreude zu bewahren, hat man den Alexis Sorbas schon verstanden.
Bekannt ist bei „Alexis Sorbas“ vor allem der berühmte Sirtaki.
Nemec: Tanzen ist mir nicht fremd. Ich habe früher auch in Musicals gespielt, da musste man sich bewegen können. Auch auf der Theaterbühne gibt es immer wieder Stücke, in denen der Tanz eine Rolle spielt. Ich habe während meiner Schauspielausbildung Ballett gelernt, später kamen noch Modern und Jazz dazu, was für das Musical wichtig war. Mir ist das leicht gefallen. Ich war immer ein körperlicher Schauspieler. Während meiner Zeit am Schauspiel Köln haben wir einen guten Kontakt zum damals noch existierenden Tanzforum Köln gehabt. Da gab es tolle Aufführungen und bei nach den Premieren wurde natürlich auch wild getanzt.
Welche Rolle spielt der Sirtaki in dem Stück?
Nemec: Für „Alexis Sorbas“ wurde von Christoph Dangelmaier eine eigene Musik komponiert. Den Sirtaki deute ich auf der Bühne nur kurz an. Wir wollen keine Folklore aus diesem Tanz machen. Wenn man ihn aber nur kurz andeutet, ist der Sirtaki ein Ausdruck der inneren Freude und passt gut zur Aussage unseres Stückes.
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