OVG-Urteil Keine Fahrverbotszone in Köln - aber Sperrung von Straßen möglich

Münster/Köln · Ein großflächiges Dieselfahrverbot wird es in Köln nicht geben. Ganz könnte die Millionenstadt aber nicht an Straßensperrungen vorbei kommen. Denn das höchste NRW-Verwaltungsgericht hat strenge Vorgaben für die Luftreinhaltung gemacht.

Autos und eine Straßenbahn fahren von der Straße Clevischer Ring auf die Mülheimer Brücke.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Eine Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge in der größten nordrhein-westfälischen Stadt Köln ist vorerst vom Tisch. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hält streckenbezogene Fahrverbote für vier besonders belastete Straßen in der Millionenstadt für ausreichend. Das Gericht entschied am Donnerstag, dass der aktuelle Luftreinhalteplan rechtswidrig ist und nach derzeitigem Stand darin Streckenfahrverbote aufgenommen werden müssen. Damit wich das OVG vom Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts ab, das eine Fahrverbotszone für erforderlich hielt. In der Sache wies das Gericht aber die Berufung des Landes NRW gegen das Kölner Urteil ab. Das kann aber noch vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen.

Fahrverbote hält das Gericht nach den bisherigen Prognosen und Messwerten für den Clevischen Ring, die Justinianstraße, die Luxemburger Straße und den Neumarkt in der Innenstadt für erforderlich. Es seien keine anderen Maßnahmen ersichtlich, um den geltenden Grenzwert „zumindest im Jahr 2020 einzuhalten“. An diesen Straße werde der Grenzwert der Prognose zufolge erst in drei bis vier Jahren eingehalten, hatte der Senatsvorsitzende Max-Jürgen Seibert in der Verhandlung gesagt. Das sei ein zu langer Zeitraum.

Die Deutsche Umwelthilfe, die gegen den Luftreinhalteplan geklagt hatte, sprach von einem guten Tag für die saubere Luft in Köln. Die Landesregierung sollte nun nach der zweiten Niederlage vor dem OVG „ihren Bürgern reinen Wein einschenken und rechtzeitig mitteilen, dass Diesel-Fahrverbote kommen werden“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Das OVG will in den kommenden Monaten einen Vergleich zwischen dem Land und der DUH ausloten. Derzeit sind noch zwölf weitere Klagen der DUH in NRW anhängig.

Welche Straßenabschnitte in Köln gesperrt werden und welche Fahrzeuge von Verboten ausgenommen werden sollen, müsse die Bezirksregierung Köln entscheiden, urteilte das Gericht. Es müsse dabei auch die Folgen des Ausweichverkehrs prüfen.

Das Land NRW sieht aber gute Chancen, Fahrverbote zu vermeiden. „Die Einführung von Fahrverboten muss geprüft werden, das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch tatsächlich kommen“, sagte der Staatssekretär im NRW-Umweltministerium, Heinrich Bottermann. Die Messwerte an den betroffenen Straßen gingen stärker zurück als erwartet.

Zuversichtlich stimmt Bottermann die Einschätzung des Gerichts, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf Fahrverbote verzichtet werden könne, wenn neue Prognosen ergeben sollten, dass der Grenzwert kurzfristig eingehalten wird. Nach Einschätzung von Regierungspräsidentin Gisela Walsken wird das aber wohl nicht an allen vier Straßen gelingen. Nach Ansicht der FDP-Bundestagsfraktion wird in Deutschland nach wie vor zu nah am Auspuff gemessen. „Um den Messirrsinn zu stoppen, schlage ich daher eine einheitliche, bundesweite Messvorschrift unter Ausnutzung der von der EU gegebenen Spielräume vor“, erklärte ihr Sprecher für Verkehr, Oliver Luksic.

Der Deutsche Städtetag sieht vor allem die Autohersteller in der Pflicht, Fahrverbote zu vermeiden. „Die ersten Einbauten für die Hardwarenachrüstung haben jetzt endlich eine Betriebserlaubnis erhalten. Die Autohersteller müssen ihre Kunden rasch damit versorgen und die Kosten für die Hardware-Nachrüstung tragen, denn sie haben das Problem verursacht“, erklärte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Die Luftverschmutzung in Köln ist seit langem deutlich zu hoch. Laut EU-Grenzwert dürfen es im Jahresmittel nur 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter sein, an einigen Stellen der Stadt ist man von dieser Grenze weit entfernt: Am schlimmsten sieht es am rechtsrheinischen Clevischen Ring aus, dort wurden 2017 62 Mikrogramm gemessen. Ein Jahr später sank der Wert auf 59 Mikrogramm.

Auch der überarbeitete Luftreinhalteplan für die Millionenstadt, der am 1. April in Kraft getreten war, verzichtet bisher auf ein Dieselfahrverbot. Die Stadt will die Luftverschmutzung mit anderen Maßnahmen senken: So gilt seit dem vergangenen Monat in der Kölner Innenstadt ein Durchfahrverbot für Lastwagen, die mehr als 7,5 Tonnen wiegen. Die Dieselbusse der Kölner Verkehrsbetriebe werden mit Katalysatoren ausgerüstet, die den Stickstoffdioxidausstoß um mindestens 85 Prozent senken sollen.

(dpa)