Wolfgang Niedecken: Das war ein Doppelkonzert, bei dem ein Mitschnitt für ein Live-Album eigentlich gar nicht geplant war. Die Band und ich wussten auch nichts davon. Schon das erste Konzert in München war toll mit drei ortsansässigen Kollegen und den drei Bläsern, die wir erstmals bei einer Tour dabei hatten, und die sich schon nach den ersten drei Songs in die Herzen der Fans gespielt haben. Aber es war eigentlich nur das Aufwärmen für den zweiten Abend.
Interview Konzert mit magischer Atmosphäre
Wolfgang Niedecken hat mit Bap das Album „Live & Deutlich“ veröffentlicht.
War der Circus Krone ein besonderer Ort für Sie?
Niedecken: Ja, auf jeden Fall. Ich hatte 1966 als 15-Jähriger zu Hause in der Südstadt im Fernsehen ein Konzert der Beatles im Circus Krone gesehen, das mir bis heute in Erinnerung geblieben ist. In dem Alter gab es schon eine Schülerband, bei der ich dabei war, aber unsere Rollen waren dort noch nicht wirklich verteilt. Und professionell konnte man das bei drei beherrschten Akkorden auf der Gitarre nicht wirklich nennen.
Was hat sich durch die Beatles verändert?
Niedecken: Der Anspruch und der Ehrgeiz, es besser machen zu wollen. Das Konzert war ein Ansporn für mich.
Wie kam es letztlich zu den Live-Album?
Niedecken: Geplant war es nicht, aber es gab viele Mails von Fans, die von der Tour unbedingt eine Erinnerung behalten wollten. Und wir hatten gerade nach zehn Konzerten eine Pause eingelegt. Ein Live-Album zu machen, schien da ziemlich schwierig. Wir haben unseren Tontechniker gefragt, ob es Aufnahmen der Konzerte gab, und der hatte tatsächlich bereits sieben Auftritte aufgezeichnet. Die Wahl fiel schnell auf das zweite Münchener Konzert mit einem voll entspannten Publikum und einer magischen Atmosphäre. Da hatte einfach alles gestimmt. Das Konzert war spontan genug, aber auch schon sehr ausgereift. Die Band hatte sich in der neuen Konstellation gefunden. Dabei geht es aber nicht darum, fehlerlos zu spielen, das macht alleine noch keine Magie aus.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit den drei Bläsern?
Niedecken: Wir hatten schon mal einen Saxofonisten dabei, eine komplette Bläsersektion gab es bei uns aber noch nie. Zur Überlegung kam ich, weil ich auch Songs aus meinem in New Orleans aufgenommenen Soloalbum bei der Tour spielen wollte. Und dafür hat es Bläser gebraucht. Diese kann man entweder synthetisch einspielen oder man nimmt sie live mit auf Tour.
Woher kannten Sie das Trio?
Niedecken: Die drei haben bei der „Sing mein Song“-Fernsehband in Südafrika mitgespielt. Dort habe ich sie vor drei Jahren kennengelernt. Später sind wir uns mehrfach in Fernsehstudios über den Weg gelaufen und hatten immer viel Spaß zusammen. Dann gab es im vergangenen September die große Nena-Show und da habe ich die drei endlich gefragt. Die Zusage kam dann sehr schnell. Jetzt kann ich mir eine Tour ohne die Kollegen gar nicht mehr vorstellen. Sie werden auch im Sommer bei der Tour dabei sein, die uns zum Finale am 16. August zum Kunstrasen nach Bonn führt – auch ein Ort, der sehr viel Magie hat. Wir müssen nur ziemlich früh anfangen, weil um 22 Uhr alles beendet sein muss. Und drei Stunden wollen wir mindestens auf der Bühne stehen.
Wie hat sich die Band in den vergangenen 40 Jahren verändert?
Niedecken: Ziemlich grundlegend. Anfangs sind wir in die Kneipe gegangen und haben überlegt, wer am nächsten Tag beim Konzert dabei ist. Heute ist das sehr professionell und das muss alles im Vorfeld minutiös vorbereitet werden. Die Bandmitglieder betrachten das nicht nur als Job, was mir natürlich sehr wichtig ist. Nur so kann man auf einem internationalen Level spielen.
Dabei spielen die meisten Musiker in verschiedenen Bands und bei verschiedenen Touren.
Niedecken: Das sind alles Familienväter und da kann man nicht nur mit einer Band alle zwei Jahre auf Tour gehen, wenn man seine Familie ernähren möchte. Das bedeutet, dass ich die Touren sehr langfristig planen muss. Alles andere wäre eine falsche Romantik. Trotzdem identifiziert sich jeder von uns voll mit der Band.
Welche Bedeutung hat für Sie persönlich so ein Live-Album?
Niedecken: Das ist wie ein Bernsteintropfen, der eine bestimmte Phase einer Band konserviert. Das kann eine gute, aber auch eine schlechte Phase sein. Dementsprechend entsteht ein gutes oder schlechtes Live-Album. Heute in Zeiten, in denen alles mit dem Handy technisch möglich ist, entsteht leider auch viel Schrott.
Was haben Sie außer der Sommertour für das kommende Jahr geplant?
Niedecken: Ich hätte gerne ein ruhigeres Jahr und möchte auch wieder neue Songs schreiben – ganz ohne Druck. Ich sehne mich nach einer kreativen Phase. Beruhigenderweise ist das Repertoire inzwischen groß genug, dass man die nächste Tour mit einem komplett veränderten Programm zusammenstellen könnte. Da habe ich eher ein echtes Luxusproblem. 2017 war schon mal eine kreative Pause geplant, aber dann kam meine Reise für Arte auf den Spuren Bob Dylans und das Jahr war wieder gut gefüllt.