Bühne Der Broadway liegt in Ehrenfeld

Köln · Ziemlich trostlos ist das Leben eines Obdachlosen in den Schluchten der New Yorker Wolkenkratzer. Krank und einsam sucht er sich am Abend seinen Schlafplatz an einer Brücke, den er kurz zuvor noch, so gut wie es geht, mit dem Besen gereinigt hat.

Die Sopranistin Lea Montazem und der Schauspieler Thomas Ziesch in der „West Side Story“.

Foto: step/Eppinger

Doch plötzlich verwandelt sich die gerade noch düstere und elende Welt der Großstadt in eine glitzernde Showbühne, wo ein legendärer Song wie „Somewhere over the Rainbow“ neue Hoffnung gibt.

„Broadway - Musical meets Varieté“ heißt die neue, von Bettina Montazem im Ehrenfelder Urania-Theater inszenierte Show, in der die Figur des Obdachlosen für den alten amerikanischen Traum steht. In den kurzweiligen 90 Minuten geht das Publikum auf eine fantastische Zeitreise durch 100 Jahre Musicalgeschichte. Dabei wird die glitzernde Showwelt der Sänger und Tänzer kunstvoll mit dem Varieté und seinen bezaubernden Artisten verwoben.

Ein Hauptdarsteller,
der ohne Worte auskommt

Die Rolle des Obdachlosen, dessen reale Welt auf der Straße auf die Traumwelt des Broadways mit seinen berühmten Musicaltheatern trifft, übernimmt der Schauspieler und Kampfkunst-Choreograf Thomas Ziesch, der diese beeindruckend ausfüllt. Ganz ohne Worte erzählt er seine berührende Geschichte vom Scheitern und Träumen, von Mut und Neubeginn. Immer mehr wird er zum Teil der glitzernden Welt und verlässt so sein eigenes Elend.

Entlang dieser Geschichte reihen sich die großen Musical-Meilensteine mit ihren bekannten Hits und Duetten auf. In der neuen Show haben das „Phantom der Oper“ und die „The Greatest Showman“ genauso ihren Platz wie „Les Miserables“ oder „Cats“. Getragen wird die Welt des Musicals von grandiosen Tänzern und Sängern, die legendäre Songs wie „Maria“ aus Bernsteins „West Side Story“ oder „Willkommen“ aus Cabaret emotional und mitreißend präsentieren.

So begeistert Lea Montazem mit ihrem glasklaren Sopran. Kevin Asiedu weiß mit seiner samtigen Tonlage zu überzeugen, während mit dem jungen Felix Tudorache gerade ein großer Tenor heranwächst. Zum gut ausgewählten Ensemble gesellt sich der erfahrene Darsteller und Sänger Wolfram Meyer.

Viel Applaus gab es am Premierenabend auch für den Niederländer Dave van der Wal, der unter anderem in der Rolle von Dr. Frank N. Furter aus der „Rocky Horror Show“ glänzt und der dem Abend mit dessen großen Hits wie „Sweet Transvestite“ eine gewisse Extravaganz verleiht. Inspiriert wurde er von den großen Ikonen wie Liza Minnelli, Madonna oder Cher - und von seiner Mutter.

Nahtlos integriert wird die Welt des Varietés auf der großen Musicalbühne des Urania-Theaters. Zu den Highlights des Abends zählt zum Beispiel Aleksei Sherblyk und seiner Quick-Change-Nummer. Binnen von nur weniger Augenblicke wechseln er und seine Assistentin Daria ihre Kleidung. Oft wird das nur durch einen Schirm oder eine Glitzerwolke verdeckt. Sherblyk kann in der zweiten Hälfte auch durch seine romantische Seifenblasenkunst überzeugen.

Schier unglaublich ist der umjubelte Auftritt von Kasia Florczuk, die zunächst ihre Pirouetten auf einem kleinen, künstlichen Eiskreisel dreht, bevor sie mit dem Trapez in die Lüfte entschwebt. Auch am Ring zeigt sie später ihr ganzes Können als Artistin. Jonglage und Ballett verbindet Kostya Korostylenko höchst kunstvoll und mit einer solchen Geschwindigkeit, dass es schwerfällt, festzustellen, wie viele Bälle sich gerade in der Luft befinden. Für Staunen sorgt zudem Gabriel Grandpierre, der seinen Körper gleichermaßen elegant und kraftvoll in unglaubliche Positionen bringt und der dabei als Handstandakrobat sein Gleichgewicht hält.

So entsteht eine Show, die auch das Publikum in schwierigen Zeiten für gut zwei Stunden wieder einmal träumen lässt und die es eindrucksvoll schafft, ganz verschiedene Genres auf der Urania-Bühne zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen.

Service: Die 90-minütige Show “Broadway - Musical meets Varieté” ist noch bis zum 27. April im Ehrenfelder Urania-Theater an der Platenstraße 32 zu erleben. Vorstellungen gibt es donnerstags bis samstags um 20 Uhr sowie sonntags um 16 Uhr. Die Karten kosten bei freier Platzwahl 33 Euro. Erhältlich sind diese unter: