Reise zu den Wurzeln des Reggae
Sebastian Sturm hat mit seiner Band Exile Airline in Kingston sein neues Album aufgenommen.
Herr Sturm, welche Beziehung haben Sie als Aachener zur Köln?
Sebastian Sturm: Ich bin vor allem im Sommer gerne in der Stadt und habe viele Freunde hier. Außerdem kommen zwei Bandmitglieder aus Köln. Und als Aachener fährt man nach Köln, wenn man gute Konzerte sehen will. 1997 war ich am Fühlinger See erstmals beim Summerjam. Anfangs habe ich das Festival noch vom Zeltplatz aus verfolgt und war gar nicht auf der Konzertinsel. Später stand ich dann vor der Green Stage und habe gedacht, da kannst du musikalisch doch auch mithalten. Und inzwischen bin ich beim Summerjam auch schon mit meiner Band auf der Bühne gestanden und konnte hinter die Kulissen blicken.
Ihr neues Album „The Kingston Session“ wurde durch Crowdfunding finanziert. Wie lief das ab?
Sturm: Das Album haben wir in Kingston aufgenommen und dort Songs der vorangegangenen Alben live eingespielt, weil wir unseren Bühnensound auf CD haben wollten. Bei der Veröffentlichung ging es dann darum, wie man so ein Album finanzieren kann. Da kam die Idee des Crowdfunding auf, bei dem wir unsere Fans um Unterstützung bitten. Und die haben wir bekommen. 300 haben sich beteiligt. Mit der Resonanz waren wir hochzufrieden und wir wissen nun, dass wir unser Publikum im Rücken haben. Ob wir so etwas wiederholen, ist aber offen. Das war eher eine einmalige Aktion.
Wie kam die Idee, ein Album in Jamaika aufzunehmen?
Sturm: Bei einer Tour durch Frankreich haben wir Samuel Clayton als Live-Mischer zugeteilt bekommen. Er stammt aus Jamaika, lebt aber in Frankreich. Und er arbeitet mit Stephen Stewart, dem Besitzer des legendären Harry J Studios, zusammen. Von Sam kam die Idee, uns nach Jamaika zu holen, davon konnte er auch Stephen überzeugen. Für uns war das ein Traum, im Mutterland des Reggaes zu sein. Allerdings haben wir aus Kostengründen beim vorigen Album die Songs noch in Deutschland aufgenommen und sind dann zu zweit nach Kingston, um sie dort fertigzustellen. Beim aktuellen Album waren wir dann mit der kompletten Band vor Ort.
Wie wird man als deutsche Reggaemusiker in Jamaika empfangen?
Sturm: Zunächst ist es gut, einen Guide zu haben, der sich auskennt, und der einem die Türen öffnet. Wir waren für die aktuelle CD zehn Tage in Kingston. Zwei Tage hatten wir im Studio Zeit, danach gab es Promo-Aktionen im Radio und wir waren live im Frühstücksfernsehen, das auf der Insel eine große Bedeutung hat — wir hatten 80 Prozent Einschaltquote. Danach wurden wir auf den Straßen erkannt und angesprochen. Zum Abschluss gab es auch noch ein Clubkonzert, über das auch die jamaikanische Presse berichtet hat. Spannend war auch die Begegnung mit mehreren Musikgrößen im Laufe der zehn Tage. Kingston war eine echt coole Erfahrung für uns. Die Menschen waren sehr offen, wir haben nur positives Feedback bekommen.
Was für ein Gefühl war es, in dem Studio zu stehen, in dem einst Bob Marley seine Songs eingespielt hat?
Sturm: Das Studio ist wie ein Museum mit Goldenen Schallplatten von Bob Marley und der Hammond-Orgel seiner Wailers. Auch das Schlagzeug von Sly Dunbar steht dort. Trotzdem wird das Studio noch genutzt und das von den Topmusikern der Insel.
Welche Projekte stehen jetzt bei Ihnen an?
Sturm: Am 10. April kommt das Album raus. Danach touren wir Ende Mai in Portugal. Dazu kommen deutsche Festivals wie der Reggae-Sommer in Dortmund und Auftritte in Frankreich. Ab Mitte November gibt es eine Deutschlandtour, die wir gerade planen. Wir werden auch nach Köln und Wuppertal kommen.
Werden die kommenden Alben wieder in Kingston aufgenommen?
Sturm: Das ist eine Kostenfrage. Jamaika war echt großartig und es ist uns gelungen, das was wir live auf der Bühne machen, endlich mal auch auf ein Album zu bringen. Wir hatten nur zwei Tage und somit wenig Zeit, an den Songs zu feilen. Das was auf der CD zu hören ist, kommt pur und live rüber.
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