Interview „Surreales Gefühl im leeren Zoo“

Zoochef Theo Pagel berichtet, von den Folgen der Corona-Krise für den Zoo und vom eigenen Umgang mit der Virusbedrohung.

Zoochef Theo Pagel blickt derzeit wegen der Corona-Krise auf einen Zoo ohne Besucher.

Foto: Zoo

Was für ein Gefühl ist es, aktuell durch den Zoo ganz ohne Besucher zu gehen?

Theo Pagel: Das ist ein ziemlich surreales Gefühl. Ich habe mich noch nie im Leben einen ganzen Tag damit beschäftigt, einen Zoo zu schließen. Es ist schon befremdlich, dass keine Kinder mehr auf den Spielplätzen unterwegs sind und dass keine Menschen mehr staunend durch den Zoo gehen und sich freuen, wenn sie die Tiere sehen. Ich werde die Zeit jetzt nutzen, einmal durch den Zoo zu gehen und in aller Ruhe Fotos von den Tieren machen. Dazu bin ich sonst nicht gekommen. Außerdem wird es jetzt auch kleiner Reparaturen geben, für die wir im Normalbetrieb keine Zeit gehabt hätten. Zudem gehen die Baustellen im Zoo weiter, auch das muss von uns begleitet werden.

Wie reagieren die Tiere auf die ausbleibenden Besucher?

Pagel: Die Tiere werden die Besucher wohl genauso vermissen, wie die Besucher das auch tun werden. Aber sie leiden jetzt nicht darunter. Natürlich haben wir sehr viele Dauerkartenbesitzer, die jeden Tag zu uns gekommen sind. Das sind Rentner genauso wie Hobbyfotografen. Gerade zu solchen Gästen haben die Menschenaffen im Laufe der Zeit eine gewisse Beziehung aufgebaut. Und die fragen sich, warum kommt denn heute keiner. Irgendwas ist da anders als noch in der vorigen Woche.

Gibt es trotzdem die Chance auf kleine Einblicke in das Zooleben?

Pagel: Ja, wir werden, wie bereits in der Vergangenheit geschehen, kleine Filme mit Geschichten aus dem Zoo auf unseren Social-Media-Kanälen online stellen. Bei allem Ernst der Situation und bei all den Problemen, die es aktuell gibt, ist es wichtig, auch nette Geschichten mit einer positiven Botschaft in die Welt zu schicken.

Wie wirkt sich die aktuelle Schließung auf die finanzielle Situation des Zoos aus?

Pagel: Wir können eine sehr gute finanzielle Situation verzeichnen. Das liegt unter anderem auch an den Einnahmen des China Light Festivals in einer sonst eher besucherschwachen Zeit. Insofern können wir das Ganze im Moment relativ gelassen betrachten. Aber das geht natürlich nicht ewig so. Aber wir hoffen im Moment darauf, dass in sechs bis acht Wochen wieder etwas Normalität zurückkehren wird.

Wie gehen Sie selbst mit der Corona-Krise um?

Pagel: Beruflich nehmen wir das sehr ernst. Es wurde ein Pandemie-Notfallplan für den Zoo erstellt. So wechseln Christopher Landsberg und ich uns in der Leitung des Zoo ab, sodass immer einer von uns bereitsteht. Man kann ja heute auch viel mit dem Home Office von zu Hause erledigen. Auch bei den Tierpflegern sind immer welche im Urlaub oder haben frei, sodass immer Leute im Notfall einspringen können. Privat nehme ich das ebenfalls sehr ernst. Ich gehe nicht mehr unter Leute, außer zum Einkaufen oder wenn ich mit dem Hund rausgeht. Die einzigen Menschen, die mir nahe kommen, sind die Mitglieder meiner Familie. Das heißt nicht, dass ich Freunde und Nachbarn, die ich draußen treffe, nicht mehr grüße. Aber man hält Abstand zueinander. Außerdem wird jetzt auch mehr telefoniert, um Kontakt zu Freunden und Bekannten zu halten.

Wie wird Corona unsere Gesellschaft verändern?

Pagel: Der Corona-Virus hat gezeigt, dass wir in einer globalen Welt leben und dass uns Probleme wie der Klimawandel alle etwas angehen. Ich hoffe, dass gerade solche Themen jetzt den Menschen mehr bewusst werden und bleiben. Wir leben in einer globalen Gesellschaft und sind alle füreinander verantwortlich. Das sollte auch nach Corona in den Köpfen hängen bleiben. Außerdem zeigen Notzeiten, die ich so noch nie erlebt habe, dass man sich auf das besinnt, was wirklich wichtig ist. Man braucht nicht das dritte Computerspiel oder den fünften Fernseher. Essen und Trinken sind viel wichtiger. Und man muss nicht unbedingt auf die andere Seite des Planeten fliegen, um glücklich zu sein. Gerade für die Menschen die jetzt in Quarantäne sind, wissen, was es bedeutet, wieder vor die Tür gehen zu können und Freunde zu treffen. Es stellt sich jetzt auch die Frage, wie solidarisch und menschlich sind wir jetzt in der Krisenzeit, wenn es zum Beispiel darum geht, beim Einkaufen auch an andere zu denken und ihnen etwas mitzubringen. Ich hoffe, dass davon auch nach der Krise etwas in den Köpfen übrigbleibt.

Welche Tipps haben Sie für Menschen, die jetzt zu Hause bleiben?

Pagel: Es gibt eine tolle Serie auf Netflix mit dem Titel „Our Planet“. Das sind tolle und kritische Naturfilme, die mit Unterstützung des WWFs laufen. Sie zeigen, wie dramatisch die Situation in unserer Umwelt aktuell ist. Außerdem mache ich jetzt mal ganz in Ruhe meine Übungen für den Rücken. Dazu bin ich sonst nicht gekommen.

Weitere Infos zum Kölner Zoo unter: