Buchtipp Auf den Spuren des Weinbaus mitten in Köln
Köln · Durch sein obergäriges Kölsch und die Brauhauskultur ist Köln bei Einheimischen wie bei Touristen bekannt und beliebt. Doch der Wein und der Weinanbau hatten in der Domstadt in der Vergangenheit eine deutlich größere Bedeutung als das Bier.
Noch im 17. Jahrhundert war ein Viertel der Fläche innerhalb der alten Stadtmauern mit Reben bepflanzt. „Köln war damals voll mit Weingärten. Vor allem um die Klöster der Stadt gab es viel Weinanbau. Allerdings ließ der Geschmack zu Wünschen übrig, so bezeichnete man den Wein aus Köln nicht umsonst als ‚sauren Hund‘“, sagt Stadtführer und Autor Bernd Imgrund.
„Die Spur des Weines“ ist eine von zehn Themen-Touren in seinem neuen, beim Greven-Verlag erschienenen Buch „Clever durch Köln: Vom Weinberg zum Wallfahrtsort“. Zu den Stationen gehört auch der kleine Weinberg direkt an der Severinstorburg in der Südstadt, der von „Stadtwinzer“ Thomas Eichert angelegt wurde. Von dort geht es über das „Winzerviertel“ mit Straßennamen wie Burgunder- oder Moselstraße in die Altstadt mit dem Weinhaus Brungs und dem Dionysosbrunnen und danach weiter nach Riehl, wo ein Händler sein Weinmuseum mit echten Reben auf dem Dach betreibt.
Dass Köln einen wichtigen Airport vor allem für die Ferienflieger besitzt, weiß jeder. Dass die Stadt aber eine noch weit spannendere Luftfahrtgeschichte vorweisen kann, ist nicht allen bekannt. Die dazu passende, 15 Kilometer lange Radtour startet am Butzweilerhof in Ossendorf, wo ab 1912 ein Flughafen anlegt wurde. Flugpionier Jean Hugot hatte dort zwei Jahre zuvor einen erfolgreichen Flugversuch mit einem selbst konstruierten Flieger unternommen. Bis 1957 war der „Butz“ noch in Betrieb. Heute ist dort die „Motorworld Köln“ mit der „Michael Schumacher Private Collection“ angesiedelt.
Weitere Stationen sind die ehemalige Kölner Luftschiffhalle in Bickendorf, die unweit des Westfriedhofs zu finden ist. In der Nähe gibt es an der Mathias-Brüggen-Straße den letzten Luftschiffanker unter einem Gewächshaus zu bewundern. Bei der ehemaligen Flugmaschine Rex GmbH an der Fronhofstraße wurden in Köln Ein- und Zweidecker-Flugzeuge gebaut. Unweit der Ehrenfelder Zentralmoschee findet sich zudem im Grüngürtel der ehemalige „Sabena Heliport“, ein internationaler Hubschrauber Flugplatz, der von 1953 bis 1968 in Betrieb war. Die Tour endet am Rheinufer bei St. Kunibert, wo es ab 1926 für zwei Jahre einen Wasserflugzeughafen gab.
Zwei Themen-Touren widmet Imgrund den Kölner Edelweißpiraten. Die erste führt vier Kilometer lang zu Fuß durch Ehrenfeld - vom Melatengürtel zur Keplerstraße. Startpunkt ist der Stolperstein für Gustav Bermel, der sich der „Ehrenfelder Gruppe“ anschloss, zu der auch die Edelweißpiraten gehörten. Er wurde als 17-Jähriger am Ehrenfelder Bahnhof gehenkt. Dort findet sich auch das große Wandgemälde, das an die Widerstandsgruppe erinnert. Am Club Bahnhof Ehrenfeld vorbei führt die nach dem Edelweißpiraten Batholomäus „Barthel“ Schink benannte Straße zum Gürtel.
In der Südstadt blickt Imgrund auf einen der bekanntesten Edelweißpiraten, Jean Jülich, der an der Josephstraße seine Musikkneipe „Blomekörvge“ betrieben hat, wo auch kölsche Stars wie die Bläck Fööss zu Gast waren. Weitere Stationen sind der nach ihm benannte Jean-Jülich-Weg und der Friedenspark mit dem Fort I, wo im Sommer das Edelweißpiratenfestival stattfindet.
Weitere Themen-Touren führen zu Fuß zum Beispiel zu versteckten Skulpturen in der Innenstadt, begeben sich auf die Spuren des Philosophen Karl Marx in Köln oder erkunden mit dem Rad Kölner Wallfahrtsorte wie St. Heribert in Deutz, St. Mariä Geburt in Stammheim oder St. Vitalis in Müngersdorf. Zu Gast sind die Stadtentdecker auch in kölschen Traditionskneipen oder an Tatorten in der Südstadt wie der Einsturzstelle des Kölner Stadtarchivs, dem einst besetzten Stollwerck-Gelände oder die Ferkulum-Stube, wo ein Rohrbombenattentat mehrere Verletzte forderte. Der Blick fällt zudem auf die Wohnsiedlungen für Genossenschaftler, Bahnbeamte und Zwangsarbeiter im Südosten der Stadt.
Der neue Stadtführer ermöglicht im praktischen „Smartphone-Format“ den Blick auf eher unbekannte Ecken der Großstadt am Rhein. „Es sind thematische Touren, die nicht nur die großen Highlights Kölns erfassen. Sie ermöglichen den Blick auf kleine Flecken, die spannende Geschichten erzählen können und die Reste der Stadthistorie zeigen”, erklärt der Autor zum dritten und letzten Band seiner Buchreihe. Die Touren, die Strecken von einem bis 37 Kilometer umfassen, eignen sich für kleine Spaziergänge genauso wie für große Radtouren.
Bernd Imgrund: Clever durch Köln, Vom Weinberg zum Wallfahrtsort, 10 Themen-Touren zu Fuß und mit dem Rad, Greven-Verlag, 108 Seiten, 12 Euro.